Geschichte zum Leben erweckt

FLÖRSHEIM (gib) – Am Kerbemontag, dem 21. Oktober, trafen sich Mitglieder der CDU Flörsheim um 17 Uhr am Mainturm, Dr.-Georg-von-Opel-Anlage, um von Hans-Dieter Darmstadt durch die langsam dunkler werdende Flörsheimer Altstadt geleitet zu werden. Gäste waren zu dieser Veranstaltung selbstverständlich ebenfalls willkommen.

Die historischen Führungen von Hans-Dieter Darmstadt sind seit Langem ein Begriff. In einer zweistündigen Führung durch den alten Flörsheimer Ortskern wurde die Geschichte für die etwa 20 mit Regenschirmen ausgestatteten Teilnehmer lebendig. Christopher Willmy (Ortsvorsteher des CDU Ortsbeirats Wicker) und Thomas Schmidt (Weilbacher Ortsvorsteher) begleiteten die Gruppe. Auch Kerbevadder Felix Jung gesellte sich kurzfristig hinzu. Hans-Dieter Darmstadt erwartete seine Gäste im historischen Gewand des Gerichtsschreibers Johannes Neumann. Gerichtsschreiber mit dem Namen „Neumann“ finden sich im Laufe der Flörsheimer Geschichte in mehr als einer Generation wieder.

„Im 19. Jahrhundert gab es auf dem Weg durch die heutige Altstadt 14 Kneipen. Kommen Sie also mit auf unsere Kneipentour durch Flörsheim. Und zum Abschluss trinken wir ein Gläschen Wein auf dem Kerbeplatz“, lädt er seine Gruppe zum Rundgang ein. Was sich im Laufe der Jahrhunderte in Flörsheim alles ereignete, davon erzählt Darmstadt seiner Gruppe mit Begeisterung. Daten und Begebenheiten hat er im Kopf, historische Karten in seiner Ledermappe. Erste urkundliche Erwähnung fand Flörsheim im Jahr 828, und der Ort unterstand im Laufe der Zeit verschiedensten Territiorien und Verwaltungseinheiten. Vom Mainzer Domkapitel über das Fürstentum Nassau-Usingen bis zum Freistaat Preußen weiß Darmstadt zu berichten.

Der Mainturm ist letzter Zeuge der Flörsheimer Ortsumwehrung. Er wurde vom Heimatverein 1924 Flörsheim e. V. mit großem finanziellen Aufwand vor dem Abriss gerettet und später als Heimatmuseum genutzt. Von der ehemaligen Stadtmauer ist heute allerdings nur noch wenig zu sehen. Beim Rundgang durch die alten Gassen berichtet Darmstadt davon, dass einst die Eppsteiner Herren Flörsheim für 1.050 Mark an das Mainzer Domkapitel verkauften, von Pfarrern und Bürgermeistern, von Fischern und Bauern. Namensgebende Berufsstände, die heutzutage kaum noch bekannt sind, wie Schröder, Feldschütz, Büttel, Schultheis zeugen von ihrer geschichtlichen Bedeutung.

Etwa um das Jahr 1200 findet die erste Pfarrei in den alten Schriften Erwähnung. Flörsheims Kirchen sind stets dem heiligen St. Gallus geweiht. Gallus war ein Wandermönch und Missionar, der vor allem im Bodenseeraum wirkte und als Heiliger verehrt wird. Er gilt als Gründer des Klosters St. Gallen. Ein unscheinbares Bauerndorf war Flörsheim sicherlich nie. Davon zeugen zahlreiche geschichtliche Spuren und Fassadenbeschriftungen – nicht nur im alten Ortskern, wo die historischen Gebäude in der Fischergasse und Borngasse dicht an dicht stehen.

Auf dem Main, dem strategisch wichtigen Handelsweg, beförderten Schiffe Menschen und Waren. Leinreiter zogen einst die Schiffe und Kähne zwischen Mainz und Frankfurt stromaufwärts. Vieles drehte sich im Laufe der Jahrhunderte um „de Moo“. Darmstadt erzählte bei seinem Rundgang Wissenswertes vom Patrizierhaus, vom Michael-Diehl-Haus, vom Berliner Brunnen, von der Chemischen Fabrik Noerdlinger in der Obermainstraße und so vieles mehr. Er schmückt die geschichtlichen Gegebenheiten stets mit Familiengeschichten und Anekdoten aus der nicht immer „guten alten Zeit“.

Hans-Dieter Darmstadt, der frühere Hauptamtsleiter und ehrenamtliche Stadtarchivar, trägt seit vielen Jahren historische Unterlagen zusammen und baut das Flörsheimer Stadtarchiv auf. Mit dem Umzug in das neue Rathaus wurden eine Menge alter Akten aussortiert. „Einfach entsorgen kann man die Ordner jedoch nicht. Nun sitze ich in der alten Kirchschule und sortiere: Was wird in Zukunft noch wichtig sein und was kann weg…“, so Darmstadt. Er wird weiterhin zu tun haben.

Quelle: Flörsheimer Zeitung vom 23. Oktober 2019