Stadtparlament beweist Willen zu sachorientierter Arbeit / Ehrung langjähriger und verdienter Mandatsträger

FLÖRSHEIM (noe) – Konstruktiv und ohne jeden Disput verlief die letzte Stadtverordnetenversammlung des Jahres 2016. Selbst die erneut auf der Tagesordnung stehende Beratung und Beschlussfassung zum Nachtragshaushalt 2016 wurde zügig und mit der gebotenen Sachlichkeit vollzogen. Das war noch bei der Sitzung des Stadtparlamentes am 3. November ganz anders gewesen; seinerzeit hatte es bezüglich den im Nachtragshaushalt veranschlagten Kosten für den Umzug in das neue Rathaus einen heftigen Streit zwischen dem Bürgermeister und den Fraktionen des Viererbündnisses gegeben (wir berichteten). Die Auseinandersetzung hatte schließlich zur Weigerung des Rathauschefs geführt, die den Kosten zugrunde liegenden Daten per E-Mail an die Stadtverordneten zu versenden. Die Mandatsträger sollten stattdessen bei der Stadtverwaltung Einsicht in die Dokumente nehmen können. Die Christdemokraten, die sich ursprünglich der Stimme enthalten und somit den Weg für den Nachtragshaushalt frei machen wollten, hatten sich daraufhin zur Ablehnung entschlossen. Somit war der Nachtragshaushalt (vorerst) gescheitert.

Eine Prüfung habe ergeben, dass mit der Ablehnung durch die Stadtverordnetenversammlung geltendes Recht verletzt worden sei, erklärte Flörsheims Erster Stadtrat und Kämmerer Sven Heß am Dienstagabend vor dem Plenum. Laut Hessischer Gemeindeordnung habe nämlich eine Gemeinde unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn „bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Ansätzen oder einzelnen vorgegebenen Finanzrahmen (Budget) in einem im Verhältnis zu den gesamten Aufwendungen und Auszahlungen erheblichen Umfang geleistet werden müssen“ und wenn „Beamte oder Arbeitnehmer eingestellt, befördert oder in eine höhere Entgeltgruppe eingestuft werden sollen und der Stellenplan die hierzu notwendigen Stellen nicht enthält“. Im vorliegenden Fall gelte dies für die zusätzlichen Auszahlungen von 1,5 Millionen Euro für den Neubau des Bauhofs und für die mit dem Nachtragsstellenplan vorgesehenen Beförderungen und Höhergruppierungen. „Die komplette Ablehnung des ersten Nachtragshaushaltsplans 2016 durch die Stadtverordnetenversammlung war somit nicht rechtens“, stellte Heß fest. Deshalb hätte zunächst der Bürgermeister gegen diese Entscheidung Widerspruch einlegen müssen. Andernfalls – wie geschehen – sei der Magistrat dazu verpflichtet, eine erneute Verhandlung zu erwirken. Der Kämmerer bat die Stadtverordneten eindringlich darum, den Nachtragshaushalt noch in dieser Sitzung zu beschließen: „Damit halten wir die Auflage zur Haushaltsgenehmigung 2016 ein, den Fehlbedarf auf maximal 1,4 Millionen Euro zu begrenzen und verhindern aufsichtsrechtliche Maßnahmen.“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Marcus Reif dankte für die Ausführungen seines Vorredners und merkte bei dieser Gelegenheit an, dass sich die Christdemokraten angesichts des überaus großen Haushaltsvolumens und der inhaltlichen Komplexität in ihrer Meinung bestätigt fühlten, dass ein Doppelhaushalt in der gegenwärtigen Situation dysfunktional sei. Reif beantragte, wie bereits beim ersten Anlauf am 3. November, einen Sperrvermerk bezüglich der umstrittenen Umzugs- und Möblierungskosten. Damit werde keineswegs eine entsprechende Ausschreibung verhindert, betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende. Die Freigabe der zur Anschaffung erforderlichen finanziellen Mittel erfolge jedoch nur nach vorheriger Prüfung und Freigabe durch den Haupt- und Finanzausschuss. Dem Sperrvermerk wurde mehrheitlich zugestimmt, lediglich die SPD wandte sich gegen ihn. Auch der Nachtragshaushalt passierte die Stadtverordnetenversammlung: SPD, GALF und dfb stimmten für die Annahme, während sich die CDU und zwei FDP-Fraktionsmitglieder der Stimme enthielten; ein FDP-Stadtverordneter votierte gegen die Vorlage.

Ohne Aussprache

Die auf der Tagesordnung folgenden acht Beschlussvorlagen wurden ohne Aussprache abgehandelt. Sieben dieser Vorlagen wurden einstimmig beschlossen, nämlich erstens der Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2015 für den Eigenbetrieb Stadtwerke, zweitens die Besetzung des Wickerer Ortsgerichtes, drittens eine allgemeine Grundstücksangelegenheit, viertens der zweite Nachtrag zur städtischen Satzung über die Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit, fünftens der Waldwirtschaftsplan 2017, sechstens der geänderte Bebauungsplan für das zwischen Elisabeth-Jacobi-Straße, Heinrich-Dreisbach-Weg und Anne-Frank-Weg liegende Gelände („Kirchgewann“) und siebtens die Neufassung der städtischen Friedhofsordnung. Die Neufassung der Gebührenordnung zur Friedhofsordnung wurde, bei Enthaltung der CDU und der GALF sowie einer Gegenstimme, mehrheitlich angenommen. Der zwölfte Tagesordnungspunkt entfiel – der von den Fraktionen des Viererbündnisses gestellte Antrag zur Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen im Stadtgebiet musste, nachdem es inzwischen eine Sondersitzung der Stadtverordnetenversammlung zu diesem Thema gegeben hatte (wir berichteten), nicht nochmals behandelt werden. Mittlerweile hat sich eine interfraktionelle Arbeitsgruppe inklusive Bürgermeister und Sozialdezernent gebildet, die sich des gleichermaßen wichtigen wie komplizierten Themas angenommen hat.

Es darf geprüft werden

Im weiteren Verlauf der Tagesordnung beschäftigten sich die Stadtverordneten mit drei Prüfanträgen. Den Anfang machte ein Antrag der dfb-Fraktion mit der Überschrift „Flörsheim, Kunst und Wein am Main“. Der dfb-Fraktionsvorsitzende Thomas Probst erläuterte, was darunter zu verstehen ist: Ausstellungen im Kunstforum am Mainturm könnten künftig von November bis März durch einen Weinausschank vor Ort ergänzt werden, damit ergebe sich gerade in der oftmals eher unschönen Jahreszeit eine schöne Kombination, Kunst und Wein gemeinsam zu genießen. Probst wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich der von den Freien Bürgern einst angeregte und vor nunmehr sechs Jahren in Betrieb genommene Weinprobierstand am Maindamm großer Beliebtheit erfreue. Ein zusätzliches Angebot im und (bei trockener Witterung) rund um den Mainturm sei nicht nur für die Besucher des Kunstforums oder für Ausflügler, sondern auch für die ortsansässigen Winzer sicherlich ein Gewinn, meinte Probst. Dem widersprach die SPD-Fraktionsvorsitzende Marion Eisenmann-Kohl nicht; sie sprach von einer „grundsätzlich guten Idee“, vor deren Realisierung jedoch noch die haftungsrechtliche Situation zu prüfen sei. Deshalb schlug sie vor, den Antrag in den Haupt- und Finanzausschuss zu überweisen. SPD und GALF stimmten für die Überweisung, zwei CDU-Stadtverordnete enthielten sich, während die übrigen Mitglieder der CDUFraktion, die antragstellende dfb-Fraktion und die FDP dagegen votierten. Somit kam es zur Abstimmung des dfb-Prüfantrags, der nun, bei zwei Enthaltungen aus den Reihen der SPD-Fraktion, einstimmig angenommen wurde.

Einmütig beschloss das Stadtparlament, den Magistrat prüfen zu lassen, inwiefern Tagesmütter und -väter durch die Stadt und durch den Kreis finanziell gefördert werden können. Der Beschluss basierte auf einem Antrag der GALF, die unter dem darauffolgenden Tagesordnungspunkt außerdem vorschlug, den Magistrat mit der Prüfung der Realisierbarkeit eines Wald- oder Naturkindergartens zu beauftragen. Auch dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. Die Berichte zu beiden Anträgen folgen in einer Sitzung des Sozial- und Kulturausschusses des kommenden Jahres.

Auch der Bitte der SPD-Fraktion um Berichterstattung bezüglich des aktuellen Standes der Überlegungen des Regionalverbandes zur zukünftigen Entwicklung der Rhein-Main-Region und deren Auswirkungen auf die Stadt Flörsheim wurde entsprochen. Auf Anregung des GALF-Stadtverordneten Peter Kluin, der die Stadt in der Verbandskammer des Regionalverbandes FrankfurtRhein-Main vertritt, wurde der Antrag um die Einladung eines Vertreters des Regionalverbandes zur entsprechenden Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses ergänzt.

Die SPD beantragte des Weiteren, den Magistrat „die Voraussetzungen zur Einführung eines elektronischen Anmelde- und Aufnahmeverfahrens für die Kindertagesstätten innerhalb der Stadt Flörsheim“ prüfen zu lassen, mit dem Ziel, „ein träger- und einrichtungsübergreifendes Such- und Anmeldesystem für Kinderbetreuungsplätze bis zum Schuleintritt“ zu schaffen. Laut Erstem Stadtrat werde dem Wunsche der Antragstellerin bereits entsprochen – Heß informierte darüber, dass die Stadt diesbezüglich bereits mit dem Bistum Limburg und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) in Verbindung stehe. Die beiden konfessionellen Träger hätten Erfahrungswerte und – vor allem – eine entsprechende Software. Es sei allerdings noch zu klären, ob und wie die Stadt ihren Nutzen aus dem System ziehen kann; schließlich seien die Dimensionen ganz andere – allein das Bistum Limburg koordiniere rund 500 Kindertagesstätten. Der Antrag der SPD wurde von den übrigen Fraktionen einhellig begrüßt und ergo einstimmig angenommen.

Im Anschluss an die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung fand das traditionelle Jahresabschlussessen statt. Vor dem geselligen Beisammensein ehrte die Stadt langjährige und verdiente Mandatsträger. Den Ehrenbrief des Landes Hessen für zwölf Jahre kommunalpolitische Tätigkeit erhielt Christopher Willmy, die Ehrengabe der Stadt Flörsheim für vier Wahlperioden beziehungsweise 20 Jahre in der Kommunalpolitik erhielten Klaus Anton Hoffmann, Adem Karacan, Michael Kröhle und Karl-Heinz Landwehr. Dank und Anerkennung für 35 Jahre kommunalpolitisches Engagement wurde Peter Kluin zuteil, dem ehemaligen Magistratsmitglied Margret Stortz wurde die Ehrenbezeichnung Ehrenstadträtin verliehen.

Zu Ehrenstadtverordneten wurden Gerit Kaus und Vassilios Konstantinidis ernannt, sie erhielten außerdem die Ehrengabe der Stadt Flörsheim und die Bürgermedaille in Bronze. Die beiden ehemaligen Mandatsträger waren mehr als 20 Jahre kommunalpolitisch tätig. Otmar Adelfang war mehr als 30 Jahre Amtsträger, er nahm die Bürgermedaille in Silber in Empfang und wurde zum Ehrenstadtverordneten ernannt. Mit der Bürgermedaille in Bronze und der Ehrenbezeichnung Ehrenortsbeirat wurde nach mehr als 22 Jahren in der Kommunalpolitik Hans-Ulrich Dreisbach ausgezeichnet. Die Bürgermedaille in Gold wurde Brigitte Wagner-Christmann verliehen, außerdem wurde sie zur Ehrenstadträtin ernannt. Brigitte Wagner-Christmann war mehr als 34 Jahre kommunalpolitisch zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger der Stadt tätig.

Foto: Bürgermeister Michael Antenbrink und Stadtverordnetenvorsteher Steffen Bonk zeichneten nach der letzten diesjährigen Sitzung des Stadtparlamentes aktive und mittlerweile ausgeschiedene Mandatsträger aus. (Foto: A. Noé). Quelle: Verlag Dreisbach, Flörsheimer Zeitung vom 15. Dezember 2016