„Europa ist jetzt – nicht morgen“

Bernd Ehinger, Präsident der Handwerkskammer, ist überzeugter Europäer – und gebürtiger Flörsheimer

Auf dem Neujahrsempfang der örtlichen Christdemokraten warb der 69-Jährige für ein starkes Europa.

Flörsheim. 

EhingerBonkDer Mann ist in der Region ein Schwergewicht, wenn es um wichtige politische Weichenstellungen geht. Der Mann vertritt mit Vehemenz, Beharrlichkeit und manches Mal mit viel Schlitzohrigkeit und dynamischer Ungeduld den Berufsstand der Handwerker. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte diesen Mann, Bernd Ehinger, einmal als „Euro-Fighter“ bezeichnet.

Die zwei schmeichelnden Worte sind für den 69-Jährigen typisch, der die Welt nicht nur von Taunus und Main eingeschränkt betrachtet. Seine Wurzeln verhehlt der in Frankfurt lebende „Meister der Meister“ indessen nicht: „Nicht weit von der Stadthalle – in der Hochheimer Straße – bin ich geboren“, erzählt Bernd Ehinger auf dem CDU-Neujahrsempfang. „Ein paar Jahre später habe ich in dieser Gegend schon Fußball auf der Straße gespielt, da gab es diese Stadthalle noch gar nicht.“ Mit Fußball hat Bernd Ehinger immer noch etwas zu tun. Er engagiert sich im Verwaltungsrat von Fußball Eintracht Frankfurt und fiebert bei jedem Spiel mit seinem Verein.

„Mister Handwerk“

Doch vor allem ist er „Mister Handwerk“ durch und durch. Das merken die Zuhörer schnell, als Ehinger sozusagen für die Handwerksbetriebe wirbt. Das Handwerk sei, wie es in einer Kampagne heißt, „die Wirtschaftsmacht von nebenan.“ Dies gelte auch für die 75 000 hessischen Betriebe. 33 000 davon sind im Kammerbezirk Frankfurt-Rhein-Main ansässig, zu dem auch Flörsheim gehört. „Aktuell arbeiten in dieser Stadt 216 Handwerksbetriebe“, erläutert der Präsident der Handwerkskammer. Unternehmer und Handwerker seien an der Stadtgesellschaft beteiligt – ob in der Feuerwehr oder im Fastnachtsverein. Bernd Ehinger zählt weitere Vorteile auf: „Wir sind eben greifbar, bodenständig, immer für unsere Kunden ansprechbar. Wir sind eben von nebenan.“

Flörsheim in der Mitte

Der Präsident rückt dann die Europa-Politik in den Vordergrund seiner Ansprache: „Immer noch treffe ich Menschen, für die das politische Geschehen in Europa schwer verständlich ist.“ Auf der anderen Seite seien es genau diese Menschen, die aber auch die Vorteile von Europa zu schätzen wüssten. So zum Beispiel die tägliche Telefonkonferenz mit Lieferanten in London oder Paris etwa, oder der Schüleraustausch, das Auslandspraktikum für Auszubildende, oder für manche sogar der Zweitwohnsitz – diese Ereignisse seien heute fast schon alltäglich geworden.

Die Vorteile von offenen Grenzen wären jedoch nicht möglich, wenn Persönlichkeiten der europäischen Geschichte und Bürger nicht Seite an Seite für das Wesen des heutigen Europa gekämpft hätten. Flörsheim und der Main-Taunus-Kreis seien dabei schon immer in der Mitte des europäischen Geschehens und nicht nur dabei gewesen. „Denken Sie etwa an die Legende des Schneidermeisters Opel, der sich nicht in Flörsheim ansiedeln konnte oder durfte, aber dann von Rüsselsheim aus einen später international bekannten Konzern gründete. Erinnern Sie sich an die Gastarbeiter, die im vergangenen Jahrhundert bei Opel oder bei Hoechst tätig waren und hier gelebt haben“, sagt Bernd Ehinger. Heute sei das politische Europa jeden Tag präsent. Fast 80 Prozent aller Gesetze hätten ihren Ursprung in Brüssel. Europa stelle nur fünf Prozent der Weltbevölkerung, habe aber einen Anteil von rund 25 Prozent an der weltweiten Wirtschaftsleistung. „Wir müssen mit unseren Partnern reden und in den Dialog treten. Dabei müssen wir alle versuchen, mitzunehmen: So sind Rumänen und Bulgaren selbstverständlich willkommen, wenn sie bereit sind, sich einzubringen“, meint das unter anderem in der Frankfurter CDU aktive Parteimitglied. Ein besonders positives Beispiel sei das Spanienprojekt der Kammern Wiesbaden und Frankfurt. „Denn hier nehmen wir junge Leute durch eine duale Ausbildung in unserem Kammerbezirk sehr konkret mit. Ich habe dies schon gegenüber EU-Kommissar Günther Oettinger vor einer Woche bei der Meisterfeier in der Frankfurter Paulskirche geäußert“, erklärt Bernd Ehinger, der feststellt: „Europa ist jetzt – und nicht morgen.“ Er zitiert Konrad Adenauer: „Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 22. Januar 2014

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