Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate standen in der Stadtverordnetenversammlung Haushaltsreden auf der Tagesordnung. Nachdem der Landrat den ersten Haushaltsentwurf von Kämmerer Sven Heß (Galf) zurückgewiesen hatte, stimmten die Fraktionen über eine Neufassung ab.

608792_m3w605h320q75v46338_hkm_marcusreiffraktionsc_4cFlörsheim. Dass der erneute Haushaltsentwurf des Ersten Stadtrats Sven Heß (Grüne Alternative Liste Flörsheim) grünes Licht erhalten würde, war bereits im Vorfeld der Stadtverordnetenversammlung absehbar. Dies legte die Sitzverteilung nahe, bei der die Koalition aus SPD und Galf die Mehrheit besitzt. Rot-Grün winkte den an die Auflagen der Kommunalaufsicht angepassten Haushaltsplan gegen die Stimmen der CDU sowie der Freien Bürger durch. Spannend waren die Redebeiträge. Dass die letzten Haushaltsansprachen erst kurze Zeit zurückliegen, bedeutete nämlich nicht, dass sich die Sprecher diesmal zurückhielten. CDU-Fraktionschef Marcus Reif warf der rot-grünen Koalition „Investitionen nach Gutsherrenart“ und eine „Politik der dicken Hose“ vor. Es gehe bei allen politischen Entscheidungen lediglich um die Machterhaltung des Bürgermeisters. Geld werde bevorzugt verteilt, anstatt es zu erwirtschaften. Dass der Haushalt vom Landrat abgelehnt werde, sei klar gewesen.

Brachen und leere Kassen

Reif appellierte, in Zukunft die „Spendierhosen im Schrank“ zu lassen. Es werde künftig das Erbe von Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) sein, dass er alle städtischen Rücklagen aufgebraucht habe, prophezeite der CDU-Stadtverordnete. „Er kam, hinterließ Brachen und leere Kassen“, so Marcus Reif. Den neuen Haushaltsplan des Kämmerers Sven Heß bezeichnete er als „mutlos hin und her geschobene Investitionen“ zusammen. Marcus Reif griff die Schließung der Verwaltungsstellen in Wicker und Weilbach erneut auf. Die Einschränkung von Bürgerservice werde als Errungenschaft verkauft, kritisierte der CDU-Sprecher.

Marcus Reif kommentierte auch den Antrag von SPD und Galf zur stärkeren Beteiligung der Bürger an der Haushaltskonsolidierung. Bei Projekten, wo kaum mit Interesse zu rechnen sei, werde eine Zusammenarbeit angeboten, erklärte der Fraktionsvorsitzende, der die Mitsprache der Flörsheimer bei anderen Belangen vermisste. „Was ist mit investiven Maßnahmen?“, fragte Reif und verwies auf die Straßensanierung in der Weilbacher Johanneskirchstraße. Dort hatten sich viele Anwohner über die fälligen Straßenbeiträge geärgert. „Bei den Themen vor Ort regiert Sturheit und Borniertheit“, warf Reif der Koalition vor.

Michael Antenbrink antwortete direkt auf die Ansprache von Marcus Reif: „Wenn es an die Haushaltsreden geht, verstellt sich bei Ihnen der Blick für die Realität“, warf der Verwaltungschef dem CDU-Mann vor. Antenbrink wollte Reifs Aussagen zur Johanneskirchstraße nicht unkommentiert stehen lassen. Die Verwaltung habe sich große Mühe gegeben und die verärgerten Anwohner bei einer Versammlung informiert, betonte Michael Antenbrink. Der Straßenbau sei ein schwieriges Geschäft, weil sich niemand über die gesetzlich festgeschriebenen Straßenbeiträge freue. „Sollen wir keine Straßen mehr sanieren?“, fragte der Bürgermeister.

dfb-Vorschlag abgelehnt

Ebenfalls ablehnend, doch wesentlich versöhnlicher als die CDU, äußert sich Thomas Probst von den Freien Bürgern (dfb) zum neuen Haushalt. Probst bescheinigte dem Kämmerer einen „unter den Bedingungen sehr guten Haushalt in großen Teilen“. Der Grund für die Ablehnung seiner Fraktion war Unzufriedenheit mit der Umsetzung der vom Landrat geforderten Erhöhung der Grundsteuer auf 340 Prozentpunkte. Die Freien Bürger hatten im Haupt- und Finanzausschuss vorgeschlagen, die Gewerbesteuer ebenfalls auf 340 Punkte zu erhöhen, um die vom Fluglärm betroffenen Grundstückseigentümer nicht alleine zu belasten. Diese Idee fand jedoch keine Mehrheit.

Suche nach Schuldigen

Frank Laurent (Galf) wies den Vorwurf der CDU zurück, dass SPD und Galf das Geld zum Fenster rauswerfen würden. Die Entscheidung, Wohnungen und Verwaltungsräume auf dem ehemaligen Schützenhofgelände nicht von einem Investor bauen zu lassen, sondern zu „günstigeren Konditionen“ von der städtischen Entwicklungsgesellschaft Terra GmbH, sei ein verantwortungsvoller Schritt gewesen, argumentierte der Stadtverordnete. Die Koalition bade immer noch Versäumnisse aus, die Jahrzehnte der CDU-Politik in Flörsheim hinterlassen hätten. Laurent warf der CDU vor, dass sie nur lamentiere und ablehne. „Wir erwarten mehr als Polemik von der größten Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung“, meinte der Stadtverordnete.

Die SPD stehe zu ihrer Verantwortung für das Haushaltsdefizit, erwarte dasselbe jedoch auch von der CDU, erklärte Wolfgang Pokowietz (SPD). Der Sozialdemokrat führte an, dass sich die größten Fehlbeträge im Sozialbereich ergeben hätten, der zum Dezernat der ehemaligen Ersten Stadtrates der CDU, Markus Ochs, gehörte. Pokowietz kritisierte auch den Herbsterlass des Hessischen Innenministers Peter Beuth (CDU), der die Bedingungen für die Genehmigung kommunaler Haushalte erweiterte. Dass der Erlass erst im März – und damit nach der Erstellung der Haushalte – erschien, sei kein passender Stil.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 24. Mai 2014