Zum 25. Mal jährt sich am Samstag der Tag der Deutschen Einheit, der erstmals am 3. Oktober 1990 gefeiert wurde. Kurz nach der Wiedervereinigung pflegte die Stadt Flörsheim mehr oder minder offizielle Kontakte zu Kommunen in Ostdeutschland. Eine längerfristige Zusammenarbeit entstand nicht. Wir berichten in loser Folge. Heute: Teil 1.

Flörsheim. Partnerstädte hat Flörsheim in Frankreich, Polen und der Türkei. Bevor die Mainstadt Bindungen zu Städten im Ausland einging, pflegte sie bereits enge Kontakte mit Kommunen in der ehemaligen DDR. Die intensivste Verbindung ergab sich kurz nach dem Mauerfall mit dem Ort Rohr in Thüringen. Bereits im August 1990 schrieb eine Vertreterin der rund 1100 Einwohner kleinen Gemeinde an die Flörsheimer CDU. Die Christdemokraten aus Ostdeutschland baten um Unterstützung bei der Gestaltung einer Hauptsatzung und einer Geschäftsordnung für ihre Verwaltungsorgane.

Flörsheim sei zum Austausch mit Rohr gekommen „wie die Jungfrau zum Kind“, erinnert sich Günther Chwalek, der Anfang der 1990er Jahre Vorsitzender der Flörsheimer CDU war. Die Entscheidung für den Ort in Thüringen sei damals nicht vom Stadtverband getroffen worden, sondern vom Kreis- oder Landesverband der CDU.

Der ehemalige Leiter des Flörsheimer Hauptamtes, Hans-Dieter Darmstadt, berichtet auf Kreisblatt-Nachfrage, dass Vertreter der Verwaltung aus Rohr Flörsheim im Januar 1991 besuchten. In den folgenden Monaten richtete Rohrs Bürgermeister Michael Heym eine Einladung an Flörsheims Verwaltungschef Dieter Wolf (CDU). Der Rathauschef aus Thüringen bat um Hilfe bei der Sanierung eines Gebäudes, das zum Versammlungssaal umgebaut werden sollte. Er selbst sei im Juni 1991 mit einer Abordnung aus Flörsheim nach Thüringen gereist, um das Bauwerk zu begutachten, erzählt Hans-Dieter Darmstadt. Das Ergebnis war für den Ort in der ehemaligen DDR unerfreulich. Nachdem der damalige Leiter des Flörsheimer Hochbauamtes, Jürgen Happe, die Sanierungskosten auf 690 000 Mark geschätzt hatte, wurde der Ausbauplan eingestellt. Erfolgreicher war hingegen die Unterstützung der Feuerwehr in Rohr. Die Flörsheimer Wehr übergab im November 1992 einen ausrangierten Einsatzleitwagen an ihre Kollegen aus dem Osten.

Unglückliche Auswahl

Das Höchster Kreisblatt berichtete im August 1992 vom Austausch der Flörsheimer CDU mit den Christdemokraten in Rohr und vom Ziel, die Kontakte weiter zu intensivieren. Dazu kam es aber nicht. Unter den Stadtverordneten habe es zwischenzeitlich Gespräche über den Sinn oder Unsinn einer Partnerschaft mit einer Kommune in Ostdeutschland gegeben, erzählt Hans-Dieter Darmstadt. Konkrete Verhandlungen seien nie geführt worden. Nach der Übergabe des Feuerwehrzeuges schliefen die Beziehungen zwischen Flörsheim und Rohr – trotz guter Vorsätze – langsam ein. Und so richtig Dampf gemacht hat wohl damals auch keiner der entscheidenden Kommunalpolitiker. Weder in der Verwaltung noch von den Fraktionen aus war da eine Aufbruchstimmung zu spüren.

Die Wahl von Flörsheim als Partner der Gemeinde Rohr sei etwas unglücklich gewesen, meint Günther Chwalek. Mit 1100 Einwohnern sei Rohr eher ein kleines Dorf gewesen, in dem völlig andere Strukturen herrschten. Zum Vergleich: Flörsheim hatte damals bereits drei Stadtteile, von denen jeder einzelne mehr als doppelt so viele Einwohner zählte.

Nur auf privater Ebene

Günther Chwalek sieht die unterschiedlichen Voraussetzungen aber nicht als Hauptgrund für das schwinde Interesse an dem Kontakt: „Als sich die deutsche Einigung stärker vollzogen hatte, war ein Weg der Versöhnung nicht mehr notwendig“, argumentiert der frühere CDU-Chef. Zwischen Ost- und Westdeutschland habe sich eine Normalität eingestellt, die eine Partnerschaft überflüssig machte. Während der politische Austausch zum Erliegen kam, führte der Flörsheimer die freundschaftlichen Beziehungen auf privater Ebene fort. Er habe heute noch Kontakt zu Christdemokratin Annette Heim, erzählt Günther Chwalek und berichtet: Die langjährige stellvertretende Bürgermeisterin von Rohr habe ihn zuletzt im Vorjahr in Flörsheim besucht.

Die Unterstützung der ehemaligen DDR kam nicht nur aus den Reihen der CDU: Die Flörsheimer SPD habe im Oktober 1990 ein gemeinsames Fest mit Vertretern der thüringischen Gemeinde Großwelsbach gefeiert, erzählt Hans-Dieter Darmstadt. Zur Feier des ersten Tages der Deutschen Einheit hatten die Flörsheimer ebenfalls Besuch aus dem Osten: Eine Musikkapelle aus Suhl in Thüringen spielte am 3. Oktober 1990 zur Feier auf dem Kirchplatz von Sankt Gallus.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 30. September 2015