Die seit vielen Jahren geplante Ortsumfahrung in Weilbach soll endlich realisiert werden. Gegen die Planungen für den zweiten Bauabschnitt gibt es Widerstände, obwohl der erste Abschnitt noch nicht realisiert ist.

Screenshot 2016-07-09 09.10.29Weilbach. Der Stadtteil Weilbach soll schnellstmöglich eine Umgehungsstraße bekommen – diese Position vertreten zumindest die Mitglieder des Vereins Weilbach wehrt sich (WWS). Für ihr Anliegen demonstrierten sie am Donnerstag noch vor der Übertragung des EM-Halbfinales. Während sich die Stadtverordneten in der Stadthalle zur Sitzung trafen, forderten die Mitglieder der Initiative vor dem Eingang eine zügige Umsetzung der Ortsumfahrung. Auf der Tagesordnung der Stadtverordnetensitzung stand ein Beschluss über die Stellungnahmen, die im Rahmen der öffentlichen Auslegung der Umgehungspläne bei der Verwaltung eingingen. Die Einwände zeigen, dass nicht alle Weilbacher die Position von WWS teilen. Es gibt Bewohner des Stadtteils, die die geplante Umgehungsstraße ablehnen.

Einige Anwohner des Wiesenrings im Süden Weilbachs hatten einen Anwalt mit ihrer Stellungnahme beauftragt. Sie befürchten vor allem durch den zweiten Bauabschnitt negative Auswirkungen auf ihr Wohngebiet. Einspruch erhoben diese Weilbacher bereits jetzt, weil sie davon ausgehen, dass der erste Abschnitt den Zweiten zwangsläufig nach sich zieht. Über ihren Juristen lassen sie mitteilen, dass die Ortsumfahrung erhebliche Lärm- und Luftschadstoffbeeinträchtigungen auf ihrem Grundstück verursache – also genau das Gegenteil dessen, was die Straße andernorts bewirken soll. Aufgrund des Kurvenradius sowie der Rücksicht auf landwirtschaftliche Flächen sei damit zu rechnen, dass die Umfahrung besonders dicht am bewohnten Gebiet des Wiesenrings vorbei führen werde, erläutert der Rechtsanwalt. Er spricht von einer „engen Trassierung“ mit besonders starken Umwelteinwirkungen auf die Wohngebäude. Der juristische Vertreter der Weilbacher kann außerdem keinen hinreichenden Bedarf für die Umgehungsstraßenlösung im Norden und Osten Weilbachs erkennen. Von der Ortsumfahrung gehe keine nennenswerte Entlastung aus. Der Anwalt argumentiert, dass die ebenfalls untersuchte Westumfahrung vorzuziehen sei. Diese Variante habe eine hohe Entlastungswirkung, sei jedoch nicht mit einer Beeinträchtigung der Siedlung am Wiesenring verbunden. Darüber hinaus bemängelt die Stellungnahme des Anwaltes, dass Schutzmaßnahmen wie Lärmschutzwälle die Beeinträchtigung nicht vollständig kompensierten. Dazu komme eine „inakzeptable Gesamtlärmbelastung aufgrund der Baumaßnahme“. Der Jurist betont, dass das Grundstück seines Mandanten im Wiesenring bereits durch die Autobahn, den Flughafen und die ICE-Strecke erheblich vorbelastet sei.

Entlastungszahlen

Der Magistrat teilt die Bedenken des Wiesenring-Anwohner aber nicht. In der Beschlussfassung zur Stellungnahme weist die Stadt darauf hin, dass alle rechtlichen Ansprüche des Anwesens auf Lärmschutz durch die weitere Bauleistung erfüllt werden. Der zweite Teilabschnitt befinde sich derzeit noch in der Untersuchungsphase – der genaue Trassenverlauf sei deshalb noch unklar. Weiter heißt es, der erste Teilabschnitt alleine bewirke bereits eine Verkehrsentlastung von 74 Prozent auf der Raunheimer Straße, 20 Prozent auf der Frankfurter Straße und 18 Prozent auf der Hofheimer Straße. Die Westumgehung bringe nur im südwestlichen Bereich der Ortsdurchfahrt eine höhere Entlastungswirkung. Durch den ersten Bauabschnitt seien keine lärmschutzrechtlichen Konflikte mit dem Wohngebiet am Wiesenring erkennbar, erklärt die Verwaltung.

Ein weiterer Einspruch aus dem Stadtteil kam vom Betreiber eines landwirtschaftlichen Hofes. Der Landwirt lehnt die Brücke ab, die in Verlängerung der Schillerstraße über die Umgehungsstraße führen soll. Er kritisiert vor allem den Steigungswinkel des Bauwerks, das ihm künftig als Zufahrt dienen würde. Die geplante Brücke sei vergleichbar mit der Brücke nach Bad Weilbach. Der Landwirt befürchtet einen höheren Kraftstoffverbrauch von mehreren 100 Litern Diesel, da alle Transporte zu seinem Betrieb über den neuen Anstieg müssten. Stattdessen schlägt der Weilbacher vor, den Kreuzungsbereich der Umgehung mit der Schillerstraße über eine Ampelanlage anzubinden. Er weist darauf hin, dass eine Anbindung an die Umgehung für ihn als Direktvermarkter zwingend notwendig sei. Der Landwirt verweist auf den Ausbau der Landstraße L 3266 in Sulzbach im Jahr 2010. Obwohl das Verkehrsaufkommen dort deutlich höher sei, als auf der geplanten Weilbacher Umgehung, habe man den Hof eines Direktvermarkters über eine Ampelanlage angebunden.

Die Flörsheimer Verwaltung sieht sich auch durch diese Einwände nicht zur Veränderung ihrer Pläne veranlasst. Die Längsneigung an beiden Auffahrten der Brücke betrage 6,5 Prozent und liege damit deutlich unter der „zulässigen Höchstlängsneigung“ von 8 Prozent, heißt es in einer Erläuterung. Die Verwaltung weist darauf hin, dass es bei einer direkten Anbindung der Schillerstraße an die Ortsumfahrung zu unerwünschtem „Schleichverkehr“ im Ort komme. Es wird vor „erheblichen Verkehrsverlagerungen“ auf die Schillerstraße gewarnt. Die Verwaltung sieht zudem keine Parallele zur genannten Landstraße L 3266 in Sulzbach. Dort handele es sich um eine bestehende Hauptverkehrsstraße, die – im Gegensatz zur Umgehung Weilbach – eine Erschließungsfunktion erfülle.

Die Stadtverordnetenversammlung beschloss einstimmig, die Pläne für den ersten Teilabschnitt der Umgehung in ihrer aktuellen Form erneut öffentlich auszulegen.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 9. Juli 2016