„Eilt sehr!“: Kämmerer steht wegen Sondersitzung erneut in der Kritik

Warum die Fraktionen mitten in den Sommerferien über ein Konzept abstimmen

Zwei Worte unterstreichen die Dringlichkeit des Briefes, der in der vergangenen Woche beim Magistrat der Stadt Flörsheim einging: „Eilt sehr!“ Das Schreiben von Landrat Michael Cyriax (CDU) ist der Grund dafür, dass die Stadtverordneten ihre Sommerpause unterbrechen. Am Donnerstag (19.30 Uhr, Stadthalle, Kapellenstraße 1) kommen die Fraktionen zusammen, um ein schriftlich formuliertes Haushaltssicherungskonzept zu beschließen. Der Landrat fordert ein solches Dokument als Voraussetzung für die Genehmigung des diesjährigen Haushaltes.

Bereits 2018 musste die Flörsheimer Verwaltung für die meiste Zeit des Jahres mit einer vorläufigen Haushaltsführung arbeiten. Gelder für freiwillige Leistungen wie Kulturarbeit oder Vereinszuschüsse standen nicht zur Verfügung. Dass in diesem Jahr erneut spät mit der Haushaltsgenehmigung zu rechnen ist, ist unter anderem dem Wechsel von Michael Antenbrink (SPD) zu Dr. Bernd Blisch (CDU) an der Rathausspitze geschuldet.

Obwohl der Haushaltsplan für das laufende Jahr 2019 mit einem Plus abschließt, bittet der Landrat nun um die Vorlage eines ausformulierten und von den Stadtverordneten beschlossenen Haushaltssicherungskonzeptes. Hintergrund sind Fehlbeträge aus vergangenen Jahren, die im Rahmen des Entschuldungsprogrammes Hessenkasse abgebaut werden sollen. Die Stadt hat Forderungen in Höhe von 16,5 Millionen Euro aus den Jahren bis einschließlich 2017 zu erfüllen. Hinzu kommt ein Fehlbetrag von 75 000 Euro aus dem Jahr 2018. Durch Rücklagen und durch die Übernahme der Hälfte der Kassenkreditschulden im Rahmen der Hessenkasse schrumpft das Minus auf knapp 500 000 Euro. Dieser Verlust soll im Jahresabschluss 2018 mit dem Eigenkapital verrechnet werden. Der Landrat erläutert jedoch, dass dieses Vorgehen in einem von den Stadtverordneten beschlossenen Haushaltssicherungskonzept festgehalten werden muss. Das bisherige Konzept des Flörsheimer Ersten Stadtrats und Kämmerers Sven Heß (Galf) sei kein ausformuliertes Dokument, sondern bestehe nur aus den Einzelbeschlüssen der Stadtverordneten.

Sven Heß, der zum Monatsende aus seinem Amt scheidet, hatte sich zuletzt viel Kritik an seiner Arbeitsweise anhören müssen. Für das Fehlen des schriftlich formulierten Sicherungskonzeptes, nimmt ihn Marcus Reif (CDU), Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses, jedoch in Schutz. „Ich glaube nicht, dass das ein Versäumnis des Kämmerers ist“, so der Christdemokrat. Es handele sich um das erste Jahr nach Flörsheims Beitritt zur Hessenkasse, und alles was erforderlich ist, habe die Flörsheimer Politik auch korrekt beschlossen – nur eben ohne ausformuliertes Konzept. Er sehe in der jüngsten Forderung eine „verschärfte Auslegung der Kommunalaufsicht“, so Reif. Auch Thomas Probst von den Freien Bürgern (dfb) sieht die Situation gelassen. „Das kann jedem mal durchrutschen“, meint der Fraktionsvorsitzende.

Kritischer äußerte sich aber FDP-Fraktionschef Thorsten Press, der von einem „starken Stück“ spricht. Die erneute Einberufung einer Stadtverordnetenversammlung wegen eines fehlerhaften Haushaltssicherungskonzepts sei wohl einmalig im Main-Taunus-Kreis. „So etwas klärt man doch im Vorfeld“, moniert der Liberale. Auch SPD-Fraktionsvorsitzende Marion Eisenmann-Kohl glaubt ebenfalls, dass die Sondersitzung vermeidbar gewesen wäre. „Ich gehe davon aus, dass die Sitzung nicht nötig gewesen wäre, wenn der Kämmerer seine Hausaufgaben gemacht hätte“, meinte die Sozialdemokratin.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 16. Juli 2019