Flörsheimer Ortsbeirat fühlt sich von der Verwaltung übergangen

Wozu machen die ehrenamtlichen Ortspolitiker ihre Arbeit, wenn sie bei der Verwaltung auf taube Ohren stoßen? Um dieses Thema entbrannte ein Streit bei der Sitzung des Ortsbeirats.

Flörsheim. „Ist unser Wort als Vertreter der Bürger noch von Interesse?“, fragte CDU-Mann Jens Weckbach im Flörsheimer Ortsbeirat. In der Versammlung entbrannte in dieser Woche eine Grundsatzdiskussion über den Sinn und Zweck des Gremiums. Der Anlass waren Erläuterungen von Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) zum Stand verschiedener Anträge. Das Viererbündnis aus CDU, Galf, Die Freien Bürger Flörsheim (dfb) und FDP hatte um einen Sachstandsbericht gebeten, weil sich die ehrenamtlichen Politiker schlecht informiert fühlten (wir berichteten). Dass die Verwaltung viele Anträge als erledigt betrachtet, stieß der Mehrheit der Mitglieder im Ortsbeirat sauer auf.

Zuviel Bürokratie

Christdemokrat Weckbach wollte vom Verwaltungschef wissen, welche Funktion der Ortsbeirat aus dessen Sicht habe. Antenbrink erläuterte, dass das Gremium konstruktiv mitwirken könne. Er monierte jedoch, dass die Verwaltung häufig mit Bürokratie belastet werde, wenn Dinge beantragt werden, die mit einem Anruf erledigt wären. Er betonte, dass teilweise unrealistische Dinge gegen seinen Rat beschlossen würden. „Wenn Sie versuchen, die Verwaltung bürokratisch lahm zu legen, ist das keine Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit“, so der Rathauschef. Das, was umgesetzt werden könne, werde auch umgesetzt. Sozialdemokrat Klaus Wagner sprang dem Bürgermeister zur Seite und äußerte die Vermutung, dass manchmal nur Anträge formuliert werden, um einen Antrag gestellt zu haben.

Konkreten Ärger verursachte Antenbrinks Ausführung zu einem Antrag für ein Geländer auf dem Neuen Friedhof. Nachdem ein Senior am barrierefreien Aufgang vor der Trauerhalle gestürzt war, hatte der Ortsbeirat beschlossen, ein zweites Geländer anbringen zu lassen. Die Verwaltung halte dies nicht für nötig, sagte nun der Bürgermeister. Thomas Probst von den Freien Bürgern betonte, dass es sich um einen Mehrheitsbeschluss gehandelt habe, der nach einer Ortsbegehung mit einem sachkundigen Verwaltungsmitarbeiter gefällt worden sei. Wenn es fast jeder wolle, könne es doch nicht so falsch sein, meinte CDU-Mann Frank Neugebauer. Der Bürgermeister sah dies anders: Die sachliche Erwägung habe ergeben, dass ein weiteres Geländer nicht erforderlich sei. Bei der Installation des vorhandenen Geländers sei die Verwaltung einem Hinweis aus dem Ortsbeirat gefolgt, erklärte Michael Antenbrink. Eine Begründung für ein zweites Geländer sei nicht gegeben – dabei spiele auch die Kostenabwägung eine Rolle.

Jens Weckbach bezeichnete es als „sehr ernüchternd“, dass die Verwaltung kein Geld für Anträge habe, die auf Grundlage von Bürgerinteressen beschlossen werden. Carola Gottas (Galf) drückte ihre Verwunderung darüber aus, dass so viel abgeschmettert werde. Gleichzeitig setze die Verwaltung Projekte wie die Parkbucht für Eltern vor dem Graf-Stauffenberg-Gymnasium um, obwohl diese weder im Ortsbeirat beschlossen noch vom Schulleiter gewünscht worden sei. Der Haltestreifen vor dem Schuleingang sorge für ein Verkehrschaos, kritisierte die Flörsheimerin. Antenbrink erklärte, die Parkbucht sei vom Kreis umgesetzt worden – allerdings auf Wunsch der Flörsheimer Verwaltung.

„Den Realitäten stellen“

Die Stadt müsse sich „den Realitäten stellen“, argumentierte der Rathauschef. Eltern würden auch ohne Haltestreifen in diesem Bereich stoppen. Deshalb sei die Haltebucht, aus seiner Sicht, „richtig und vernünftig“. Carola Gottas bezeichnete die Ortsbeiratssitzungen vor dem Hintergrund der momentanen Entscheidungen als „total unnötig“. „Wir stimmen über Hundekotbeutel ab, aber die wichtigen Dinge kommen nicht auf die Tagesordnung“, so die Galf-Vertreterin.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 8. September 2017