Die „Wiesbadener Erklärung“ der CDU Hessen hat mich betroffen gemacht. Der Zeitpunkt der Erklärung hätte subtiler nicht sein können, während zeitgleich im benachbarten Frankfurter Flughafen Tausende gegen Fluglärmbelastungen, Gesundheitsgefahren und die Realität schlafloser Nächte streiten, erklärt die CDU in Wiesbaden, dass der Ausbau im Grundsatz richtig ist. Richtig ist, dass die Entscheidung für die Nordwestlandebahn eine bewusste Entscheidung gegen die Menschen in den belasteten Städten ist. Auf der Sachebene lässt sich über die Belastungen kaum mehr diskutieren. Die Menschen sind wütend und enttäuscht und ich bin es auch. In Flörsheim verlärmt unsere Heimat, eine Stadt, in der ich aufgewachsen bin und lebe.

In der Erklärung hätte die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger als erstes Ziel genannt werden müssen und nicht, dass man den Ausbau für richtig erachtet. Durch diese strikte Haltung vergrätzt die Landes-CDU auch noch die letzten eingefleischten Anhänger in den Anrainer-Kommunen rund um den Flughafen. Wenn der CDU noch irgendwas an zukünftigen Wahlerfolgen gelegen ist, dann können wir nur empfehlen, auf die Bedürfnisse der Anwohner rund um den Flughafen einzugehen. Das waren in sehr großen Teilen Stammwähler der CDU in Hessen.

Ohne Zweifel ist der Frankfurter Flughafen Jobmotor für die Wirtschaft und Grund für die Prosperität der Rhein-Main-Region. Wenn der Ausbau rein auf der Grundlage der zu schaffenden (und zu sichernden) Arbeitsplätze steht, sehen wir das als etwas dürftig an. Der Ausbau fördert im Wesentlichen Arbeitsplätze im unteren Lohnsektor. Diese sind sehr wichtig, keine Frage, doch Lufthansa probt bereits temporäre Kräfte externer Anbieter auf einigen Linien. Ist das der Jobmotor? Das ist eine grundsätzliche überdenkenswerte Haltung des kompromisslosen „Shareholder Values“. Aus unserer Sicht sollten die Unternehmen in Deutschland daran gemessen werden, welchen volkswirtschaftlichen Anteil zum Bruttosozialprodukt und zu einer modernen Gesellschaft sie insgesamt erbringen. Aber so ist es nichts anderes als die kalte Enteignung von Privat-Besitz in den Kommunen rund um den Flughafen zu Gunsten eines Infrastrukturprojekts „Flughafenausbau“, der mitten im Rhein-Main-Gebiet mindestens eine Nummer zu groß und somit unvereinbar ist.

Ohne ein absolutes Nachtflugverbot, ausgebaut auf die Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr, gibt es keine gedeihliche Zukunft für die Region. Die Landes-CDU sollte sich diese Haltung zu Eigen machen. Ministerpräsident Bouffier erbte den Ausbau seines Vorgängers Roland Koch. Viele sagen heute, dass die Koch’sche Entscheidung zur Nordwestlandebahn eine schwere Bürde für die CDU-Politik und in der Sache ein Fehler ist. Habt den Mut, dies nun zu ändern. Die ersten kritischen Meinungen sind von den Staatsministern Rhein und Grüttner zu vernehmen. Wir möchten beide darin bestärken, innerhalb der Regierung dafür zu werben, dass das Nachtflugverbot und der Ausbau der Nachtflugverbotszeit kommt und dauerhaft bleibt!

Damit die SPD und Grünen in Hessen bei meiner Kritik nicht zu kurz kommen, nur so viel gesagt: der nichtssagende Auftritt von Herrn Schäfer-Gümbel in Flörsheim letzte Woche, kurz nachdem er sich für die Nordwestlandebahn ausgesprochen hat, zeigt, dass er selbst mit den grundlegenden Fragen des Flughafenausbaus nicht belesen ist. Die Grünen haben auf dem Landesparteitag die Stilllegung der Nordwestlandebahn von der Tagesordnung genommen und fordern dies nicht. Die CDU kam oben schon in die Kritik. Alles in allem sind sich die Parteien im Grundsatz einig, dass die Stilllegung der Nordwestlandebahn keine Option ist und das ist Kern des Flörsheimer Problems (und anderer Kommunen), wo alle Parteien wiederum eine klare Position gegen die Nordwestlandebahn haben.

Marcus K. Reif
Vorsitzender CDU Flörsheim am Main