Da stimmen wir Herrn Etzelsberger zu. Ein bisschen mehr Sachlichkeit und Vorbild-Charakter sind gute Vorsätze für das neue Jahr.

KOMMUNALPOLITIK

An dem, was 2016 aufgetischt wurde, wird die Stadt auch 2017 noch verdauen

KOMMUNALWAHLERGEBNIS 2016

Bei der Kommunalwahl am 6. März hat die SPD ihr Wahlergebnis um 2,4 Prozentpunkte auf 30,4 Prozent verbessert. Die CDU verlor 7,7 Prozentpunkte und kam auf 30,1 Prozent. Die Galf hat 9,1 Prozentpunkte eingebüßt und lag nur noch bei 16,3 Prozent. Die FDP hat 8,5 Prozent erreicht (+4,7 Prozent). Die meisten Stimmen hinzugewonnen haben „Die freien Bürger“, nämlich 9,7 Prozentpunkte und liegen bei 14,7 Prozent. (agr)

von Jens Etzelsberger FLÖRSHEIM – Kommunalwahl, ein neues politisches Bündnis, ein stetig wachsender Rathausneubau, die Bebauung der Erzberger Straße, Dauerstreit zwischen Bürgermeister und Viererbündnis, heftige Auseinandersetzungen um die Kinderbetreuung in der Stadt und insgesamt ein Ton in der politischen Auseinandersetzung, der die Beteiligten selbst beschädigt: Das zu Ende gehende Jahr fühlt sich an, wie der Morgen nach einem All-you-can-eat-Büfett: Es war vielleicht in bisschen viel, was da aufgetischt wurde. 

Dass es mehr als üblich werden würde, stand ja schon von Beginn an fest, denn als Schaltjahr hatte 2016 mit 366 Tagen ja schon kalendarisch ein wenig mehr zu bieten, als der Durchschnitt. 

Der Hauptgang wurde mit der Kommunalwahl am 6. März schon ziemlich zu Beginn aufgetischt und an den Folgen wird noch heute verdaut. Dem Wahlsieger SPD, die erstmals seit vielen Jahren die meisten Stimmen einfuhr, blieb trotzdem nur die Oppositionsrolle, weil sich mit CDU, Galf, FDP und Freien Bürgern Ende Mai ein breites Bündnis formierte, das sich nicht mehr von Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) durch die Kommunalpolitik hetzen lassen wollte. Der Streit darüber, ob hier für Flörsheim oder gegen den Bürgermeister Politik gemacht wird, dauert auch jetzt noch an und wird voraussichtlich auch 2017 nicht entschieden. 

Für Flörsheim oder gegen den Bürgermeister?

Die politische Kultur ist bei diesen Auseinandersetzungen zumindest schon auf der Strecke geblieben und der teilweise jämmerliche Pflegezustand der Stadt taugt als Sinnbild für die Art des Umgangs miteinander. 

Das Interesse an sachorientierten Lösungen konnte bisher keine der beiden Seiten, hier der Bürgermeister, dort das Viererbündnis, durchgängig und glaubhaft vermitteln. Die Kommunalpolitik war fast das ganze Jahr über in einer Art Kleinkrieg gefangen, in dem es augenscheinlich eher darum ging, wer wen vorführen kann als darum, die Stadt voranzubringen und dringende Probleme zu lösen. 

Besonders augenfällig wurde dies in der Diskussion um die Bebauung in der Erzberger Straße, die Ausstattung des Rathausneubaus und die Kinderbetreuung. In beiden Fällen beharkten sich Bürgermeister und Viererbündnis mit verbissener Vehemenz. Gerade die geplante Erweiterung der städtischen Kita Pusteblume in Weilbach, vom Bürgermeister favorisiert, vom Viererbündnis abgelehnt, fokussiert die Grundproblematik dabei geradezu beispielhaft. Michael Antenbrink leitet aus seinem Bürgermeisteramt nicht nur die völlig unstrittige Position des Verwaltungschefs ab, sondern auch die eines Stadthäuptlings, dem Magistrat und Parlament bitteschön zu folgen und nicht in die Arbeit zu pfuschen haben. Zustimmen und Absegnen reicht völlig aus. 

Das Viererbündnis pocht dagegen auf seine Mehrheit, hat es allerdings versäumt, die neue politische Macht selbstbewusst zu nutzen und früh klare und eindeutige Entscheidungen in Magistrat und Stadtverordnetenversammlung herbeizuführen. 

So blieb zu oft der Eindruck, dass das Bündnis Angst vor der eigenen Courage hat. Einerseits wurde andauernd über die Dominanz des Bürgermeisters geklagt, diesem aber trotz aller Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt. Solches macht auf Dauer unglaubwürdig. Denn statt subtiler Signale, das zeigt das kommunalpolitische Jahr, sind auf beiden Seiten wohl eher klare Ansagen nötig, um ein leidlich akzeptables Arbeitsverhältnis zu schaffen, das keinen Raum für Missverständnisse lässt. 

Von Antenbrinks Seite waren diese Ansagen immer klar. Er wird alles und das bis zuletzt tun, um seine Vorstellungen durchzusetzen. Dass er es damit ernst meint, hat er bei der Kita Pusteblume gezeigt. Das Viererbündnis hat dagegen auf Appelle und Einsicht gesetzt und musste letztlich zum Mittel einer außerordentlichen Stadtverordnetenversammlung greifen, um dem Bürgermeister unmissverständlich klar zu machen, dass es für seine Vorstellungen keine Mehrheit gibt. Ein Signal, das früher und klarer hätte ausfallen müssen, nimmt man die Rolle des politischen Gestalters ernst. 

Dies gilt übrigens nicht nur für die Kommunalpolitik, sondern auch für die städtische Baugesellschaft Terra, wo im Aufsichtsrat offenbar Fähigkeit und Mut fehlten, kritikwürdige Immobiliengeschäfte mit der SPD-Fraktionsvorsitzenden frühzeitig zu durchschauen und ihnen einen Riegel vorzuschieben.

Ein halbwegs versöhnliches Ende

So klar die Mehrheit des Viererbündnisses, so schlecht ist die Stimmung in den Gremien. Simple Ausschuss- oder Ortsbeiratssitzungen geraten zu konfliktträchtigen Veranstaltungen mit erheblichem Fremdschämpotenzial. Dass kaum ein Bürger den Weg in die Sitzungen findet, ist ausnahmsweise mal ein echter Glücksfall, denn was die gewählten Vertreter dort teilweise bieten, ist mehr als ein Lehrstück, wie Politikverdrossenheit geschürt wird. 

Ein Lichtblick sind die Stadtverordnetenversammlungen. Nicht, weil dort souveräner miteinander umgegangen würde, sondern weil der neue Stadtverordnetenvorsteher Steffen Bonk die Sitzungen mit einer angenehmen und kompetenten Besonnenheit leitet und ab und an für die Zuschauer auch noch zum kurzweiligen Seminar in Staatsbürgerkunde macht. 

Und kurz vor Schluss gab es doch noch einen kleinen Lichtblick. Die letzte Stadtverordnetenversammlung im Jahr 2016 verdiente sich das Prädikat „harmonisch“. Wie lange sich die Stimmung in das neue Jahr hinüberretten lässt? Wer weiß. Die Prognose, dass die Vorboten eines herannahenden Bürgermeisterwahlkampfes geeignet sind, zarte Pflänzchen der Verständigung einfach plattzuwalzen, ist nicht allzu weit hergeholt, aber dennoch keine schöne Vorstellung.

Quelle: Main-Spitze vom 31. Dezember 2016