FLÖRSHEIM – Man muss schon ein wenig suchen, um eine passende Nationalflaggen-Symbolik für das neue kommunalpolitische Bündnis zu finden, das die vier Fraktionsvorsitzenden am Dienstagnachmittag der Öffentlichkeit präsentierten. CDU, Galf, dfb und FDP, also Schwarz, Grün, Gelb und Blau – da geht nur Tansania. Klingt ein wenig exotisch, ist aber passend, denn was sich das Bündnis, das bewusst keine Koalition sein will, auf die Fahnen geschrieben hat, ist von bisherigen kommunalpolitischen Gewissheiten so weit entfernt, wie Ostafrika vom Untermain. 

Unterschiedliche Mehrheiten

Nicht weniger als eine für die Stadt völlig neue Form der politischen Zusammenarbeit soll es werden. Eine Zusammenarbeit, die nicht mehr in Koalitionsdisziplin und Blockdenken verharrt, sondern von klugem und durchaus auch langem Überlegen und sachorientierten Einzelfallentscheidungen bestimmt sein soll. Dass dabei auch unterschiedliche Mehrheiten zustande kommen, ist den Partnern bewusst und durchaus gewünscht. Die Entscheidungen sollen aber am Ende eines breiten Diskussionsprozesses fallen und nicht aufgrund wechselseitiger Verpflichtungen. Und die politische Kultur soll dabei auch gleich noch revolutioniert werden. „Egal, wie die Mehrheitsverhältnisse künftig aussehen: Das Klima und das Verhältnis werden sich in Flörsheim so nachhaltig ändern, dass Frontstellungen künftig der Vergangenheit angehören“, versprach CDU-Fraktionsvorsitzender Marcus Reif. Selbst das Denken in Amtsperioden und Wahlterminen haben sich die Bündnispartner offensichtlich ausgetrieben. Zehn bis 15 Jahre sei der Zeitraum groß, in dem man die Zusammenarbeit plane. Taktische Erwägungen, die Bürgermeisterwahl 2018, Abgrenzungs- und Profilierungsmöglichkeiten – alles jahrzehntelang gepflegte mehr oder weniger schöne Begleitumstände des Politikbetriebes – seien überhaupt kein Thema gewesen, betonte Reif. FDP-Fraktionschef Thorsten Press räumte angesichts der Verschiedenartigkeit der Partner zwar anfängliche Vorbehalte ein, die hätten in den Gesprächen aber schnell ausgeräumt werden können.

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Dass es so etwas in dieser Form noch nie gegeben habe, wie Galf-Fraktionsvorsitzende Renate Mohr sagte, bezog sich auf mehr, als nur das breite politische Spektrum der Bündnispartner.

Katalysator für diese ungewöhnliche Zusammenarbeit war ein Rückblick auf die Stadtentwicklung der vergangenen Jahre, gepaart mit den Erfahrungen der jüngsten Sondierungsgespräche mit den Sozialdemokraten. Ein Blick auf die Ortseingänge der Stadtmitte mit Transthermos an der einen und dem Rigterink-Lager an der anderen Seite zeige, dass sich die Dinge doch nicht so entwickelt hätten, wie es für die Stadt wünschenswert gewesen wäre. Diese weitreichenden Entscheidungen seien unter einem von Bürgermeister Antenbrink aufgebauten Druck gefällt worden, dem man sich nicht mehr beugen wolle. „Wir wollen weniger aus der Hüfte schießen“, so Reif. Zwar betonten alle Beteiligten, dass sich die neue Zusammenarbeit nicht gegen die SPD und den Bürgermeister richte und den Sozialdemokraten ausdrücklich die Möglichkeit zur Kooperation angeboten werde. Und dennoch ist das Bündnis auch Ergebnis enttäuschender Sondierungsgespräche mit der SPD, an denen der Bürgermeister einen maßgeblichen Anteil gehabt habe.

Angesichts der Kooperation von 26 von insgesamt 37 Stadtverordneten müsse der Bürgermeister nun wieder für seine Ideen werben, sagte Reif.

Mit der breiten Zusammenarbeit und dem Anspruch, die Politik wieder näher zu den Bürgern zu bringen und etwa Verkehrsthemen in den betroffenen Ortsbeiräten und nicht in der Verkehrskommission zu beraten, soll Politikverdrossenheit bekämpft und damit auch der AfD in der Stadt der Boden entzogen werden, so Thomas Probst, Fraktionsvorsitzender der freien Bürger.

Quelle: Main-Spitze vom 2. Juni 2016