Keine Klarheit bei Ausschusssitzung / Bürgermeister verbietet Kämmerer das Wort

Von Jens Etzelsberger

FLÖRSHEIM – Die gemeinsame Sitzung aller drei Parlamentsausschüsse zum Thema Kinderbetreuung und speziell zum Bau und Betrieb einer fünfgruppigen Kita neben den Sportplätzen offenbarte am Donnerstag ein gewisses Unwohlsein vieler Parlamentarier bezüglich der Kosten für die Stadt. Wie berichtet, soll auf dem Gelände die Firma MBN-Bau für knapp drei Millionen Euro das Kita-Gebäude errichten, das die Stadt dann kauft. Den Betrieb soll die Firma Educcare übernehmen, die ihre Kita in Eschborn zum 1. Oktober schließen muss, weil der Vertrag mit der Stadt dort ausläuft. Der Umstand, dass Educcare auch gleich das Personal mit nach Flörsheim bringt, macht für Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) den besonderen Charme des Projektes aus, da die Personalgewinnung angesichts des Mangels an Erzieherinnen derzeit schwierig sei.

WAS IST DRINGEND?

In der Stadt fehlen Kita-Plätze, auf die die Eltern einen Rechtsanspruch haben. Die Sache ist also dringend. Mit dieser Dringlichkeit begründet Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) die Vergabe des Bauauftrags an MBN und des Betriebs an Educcare ohne vorheriges Ausschreibungsverfahren.

Strittig ist dagegen, ob die Dringlichkeit nur durch das Gesamtpaket aus Bau und Betrieb begründet ist, wie es Antenbrink betont, oder ob sich die Dringlichkeit allein aus der Nachfrage ergibt und ein Bau durch MBN, aber ein Betrieb der Kita durch die Stadt möglich wäre. Antenbrink argumentiert, nur durch die Kooperation mit Educcare und deren Personalverfügbarkeit sei die freihändige Vergabe von Bau und Betrieb zu begründen. Er warnte davor, das Paket aus Bau und Betrieb aufzuschnüren und sprach von einer „einmaligen Chance auf eine schnelle Lösung“.

CDU-Fraktionsvorsitzender Marcus Reif sieht diesen Zusammenhang zwischen Bau und Betrieb, der allein die Dringlichkeit begründe, nicht. „Er dreht sich die Realität, wie er es will“, so Reif. (etz) 

Unklar bleibt die finanzielle Belastung für die Stadt

Auch nach der Sitzung ungeklärt ist allerdings die Frage, welche Kosten die Verpflichtung des privaten Betreibers für den Zeitraum von zehn Jahren für die Stadt mit sich bringt. Denn dass der Gewinn des Unternehmens letztlich durch städtische Zuschüsse und damit vom Bürger aufgebracht werden muss, liegt auf der Hand. Zwar betonte Bürgermeister Michael Antenbrink die beschränkte Aussagekraft von Einschätzungen im Vorfeld, doch auch bei diesen Schätzungen gibt es eine erhebliche Bandbreite. In den Ortsbeiratssitzungen in dieser Woche sprach Antenbrink zunächst von 100 000 Euro Zusatzkosten pro Jahr im Vergleich zu städtischen oder konfessionellen Kitas, korrigierte sich aber schnell auf eher 200 000 Euro. Gerechnet auf zehn Jahre würden sich also Mehrkosten von zwei Millionen Euro ergeben.

Doch es könnte auch mehr werden. Eine Kalkulation der Stadt weist den Zuschussbedarf pro Kitaplatz und Monat mit rund 300 Euro bei städtischen Kitas, 419 Euro bei konfesionellen Einrichtungen und 495 Euro für die Educcare-Einrichtung aus. Im Vergleich zu einer städtischen Kita kosten die 99 Educcare-Plätze pro Jahr also 230 000 Euro mehr.

Weitere Berechnung fällt noch ungünstiger aus

Es gibt allerdings noch eine weitere interne Berechnung der Stadt, die noch ungünstiger ausfällt. Die öffentliche Diskussion dieser Zahlen hat Bürgermeister Antenbrink allerdings verhindert, indem er Kämmerer Sven Heß trotz konkreter Fragen von Abgeordneten die Antwort verbot. Dass es dabei noch zu einem kurzen Gerangel zwischen Bürgermeister und HFA-Vorsitzendem Marcus Reif (CDU) um das Mikrofon gab, das Antenbrink Reif aus den Händen riss, war ein ziemlich bizarrer Moment der Sitzung.

Nach Informationen dieser Zeitung weist diese weitere Vergleichsrechnung der Stadt den monatlichen Zuschussbedarf für städtische Einrichtungen pro Kita-Platz mit 353 Euro aus, für eine Educcare-Einrichtung aber mit 591 Euro. Für eine mit 99 Kindern voll besetzte Kita würde die jährliche Mehrbelastung der Kommune durch Educcare, im Vergleich zu einer städtischen Kita, also 282 000 Euro ausmachen, in zehn Jahren mehr als 2,8 Millionen Euro.

Der Grundsatzbeschluss zu Bau und Betrieb der Kita wurde mit den Stimmen der SPD bei Gegenstimmen der FDP und Enthaltung von CDU, Galf und Freien Bürgern getroffen.

Quelle: Main-Spitze vom 6. Mai 2017