Dreierkoalition will mit Steuern gegen unerwünschtes Gewerbe vorgehen / „Kein Mehrwert für die Gesellschaft“

„Wir wollen es Wettbüros in Flörsheim nicht zu gemütlich machen“, begründete Galf-Fraktionsvorsitzender Frank Laurent in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzuschusses den Antrag der Dreierkoalition, eine Wettaufwandssteuer einzuführen. Betroffen sein sollen alle Wettbüros, aber auch Wett-Terminals, wie sie etwa in Gaststätten stehen. Der Steuersatz soll drei Prozent des Wetteinsatzes betragen. Laut Laurent habe man in Hattersheim, wo eine solche Steuer schon 2019 eingeführt worden sei, mit einem Wettbüro Steuereinnahmen von 22 000 Euro generiert. In Flörsheim gibt es laut Laurent drei Wettbüros. Bürgermeister Bernd Blisch (CDU) geht für die Stadt „nach vorsichtiger Schätzung“, von jährlichen Einnahmen von rund 25 000 Euro aus.

Michael Bayer, Leiter des Amtes für Finanzwirtschaft, sieht den Einnahmen allerdings einen enormen Verwaltungsaufwand entgegenstehend. „Ich glaube, dass Ertrag und Aufwand nicht im Verhältnis stehen“, so Bayer. Erfahrungen aus anderen Kommunen hätten einen Verwaltungsaufwand im Wert von bis zu 10 000 Euro pro Jahr und Wettbüro ergeben. Die Betreiber der Wettbüros zeigten sich sehr offen für Rechtsstreitigkeiten. Besonders der Anbieter Tipico sei bekannt für seine enorme Gegenwehr gegen solche Steuern. In der Diskussion wurde aber auch deutlich, dass eine solche Steuer nicht nur unter finanziellen, sondern auch unter ordnungsrechtlichen Aspekten betrachtet werden solle. „Um ihnen das Leben zu erschweren, sollte uns der Aufwand nicht zu hoch sein“, so Thomas Probst, der Fraktionsvorsitzende der Freien Bürger.

Ein weiterer Antrag der Koalition schlägt in die selbe Kerbe. Darin wird der Magistrat beauftragt, eine weitere Erhöhung der Spielapparatesteuer zu prüfen. Hier merkte Bürgermeister Blisch an, dass man mit aktuell 20 Prozent bei Spielapparaten mit Gewinnmöglichkeit schon am oberen Rand des Möglichen agiere. Höhere Steuersätze würden möglicherweise einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten.

CDU-Fraktionsvorsitzender Marcus Reif erhofft sich von einer Verschlechterung der Ertragssituation im besten Fall, dass Wettbüros aus der Stadt verschwinden. „Der allgemeine Mehrwert für die Gesellschaft ist sehr eingeschränkt“, so Reif im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Boden für solches Gewerbe solle in der Stadt steiniger werden. „Wir wollen für diese Form des Wirtschaftens die Gewünschtheit reduzieren“, so Reif. Damit soll auch die Möglichkeit geschaffen werden, die Altstadt für den qualifizierten Einzelhandel wieder attraktiver zu machen. „Nach Corona brauchen wir einen Einzelhandel, der einen Wertbeitrag für die Gesellschaft bringt.“ Einen solchen sieht er bei den Wettbüros nicht. Im Gegenteil: Die Klientel entspricht nicht dem, was sich Reif für die Stadt wünscht. „Das sind beratungsresistente Menschen“, meint er beispielsweise mit Blick auf die häufigen Parkverstöße.

Er sieht die Steuer aber nur als kleinen Teil einer nötigen Gesamtstrategie zur Attraktivitätssteigerung der gesamten Stadt. „In den vergangenen 20 Jahren haben sich viele Dinge nicht zum Besseren gewendet“, sagte Reif und meint die Entwicklung in der Altstadt ebenso, wie rund um den Herrenberg. Die Frage sei nun, wie man als Kommune der Sache wieder Herr werden könne.

Quelle: Main-Spitze vom 8. Dezember 2020