In der Fraktionssitzung der CDU-Stadtverordnetenfraktion Flörsheim am Main am Dienstag, dem 18. Februar 2020, wurde Marcus Reif als neuer Fraktionsvorsitzender gewählt. Er folgt Christopher Willmy, der diese Aufgabe über die letzten zwei Jahre inne hatte und auf eigenen Wunsch hin in den Magistrat wechseln wird. Dort folgt Willmy auf Michael Bayer, der sein Mandat im Magistrat der Stadt Flörsheim am Main aus beruflichen Gründen niederlegte.

Sie sind neuer Fraktionsvorsitzender der CDU in Flörsheim. Weshalb?

Marcus K. Reif

Wir sind in einer um sich greifenden, populistischen Welt. Politik ist immer schwieriger zu erklären, die Distanz aus richtig und falsch verschwimmt. Immer weniger vertrauen der Politik, so auf Bundesebene, aber auch bei uns hier in der Kommunalpolitik, die in Flörsheim ehrenamtlich stattfindet! Die CDU trat immer an, als bürgerliche und konservative Kraft Mehrheiten zu gewinnen. In Flörsheim gelang uns das über ein halbes Jahrhundert seit Kriegsende. Nun stehen wir in einer Welt, die von falschen Nachrichten, Hasstiraden und ungehemmter Intoleranz gekennzeichnet sind. Meine Aufgabe verstehe ich darin, die Politik der CDU in den Flörsheimer kommunalpolitischen Gremien mehr zu akzentuieren. Ich hatte diese Aufgabe über zehn Jahre lang inne und tat das sehr gerne. Als Flörsheimer kann ich Politik für Flörsheim gestalten und einen Beitrag zum Gemeinwesen leisten. Nachdem es personelle Veränderungen an der Spitze der Fraktion gibt und es mir beruflich wieder möglich ist, an prominenter Stelle Politik zu gestalten, mache ich das natürlich gerne. 

Ist Ihre Fraktion gut aufgestellt? 

Die Fraktion, die sich als Diskussionsplattform mit Bürgermeister Dr. Bernd Blisch, den Ortsbeiräten und Stadträten und natürlich den Stadtverordneten versteht, steht im Spannungsfeld schnelleren Entscheidungszyklen, unzureichenden Informationen an die Bevölkerung, weil Nachrichten sofort alt sind, und politischem Kleinklein. Wir haben uns über die letzten Jahre hinweg auf einige Themen konzentriert und versucht, Politik in langen Linien zu zeichnen. Beispielsweise können wir nicht einfach so Bebauungspläne oder Vorhaben entscheiden, ohne ein Stadtentwicklungskonzept zu haben. Die Politik der schnellen Entscheidung auf Basis kurzer Sicht und ohne Einklang einer längeren strategischen Erwägung hat uns viel an Vernunft gekostet. Das Ergebnis waren bspw. die Ansiedlung von Logistikern, die kaum etwas zur Finanzierung des städtischen Gemeinwesens beitragen, aber dafür umso mehr Belastungen mit sich brachten. Wir haben uns zu viel treiben lassen. Dafür stehen wir nicht länger zur Verfügung. Die Stadtentwicklung nun mit den Bürgern gemeinsam zu entwickeln ist doch bisher schon ein voller Erfolg, ich erinnere nur an die Bürgerversammlung, wo auch aufmunternde Wortmeldungen dabei waren. 

Wie sieht die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen aus? 

Innerhalb der Koalition herrscht ein gutes Vertrauen, eine ausgeprägte Diskussionskultur und ein gemeinsamer Geist, wichtige Entscheidungen für Flörsheim gemeinsam mit den Bürgern zu treffen. Mit der FDP gibt es ein starkes Vertrauensverhältnis, welches über die vielen Jahrzehnte gemeinsamer politischer Arbeit eng gewachsen ist. Mit der SPD tue ich mich noch schwer. Mir ist da zu viel Polemik und zu viel politische Spielerei dabei. Sobald wir ernsthaft über Politik sprechen, sind meine Türen offen. Aber am Nasenring durch die Manage gezerrt zu werden, wie es oftmals der Stil ist, macht wenig Spaß. Da ist alleine durch die destruktive Art des ehemaligen Bürgermeisters Michael Antenbrink viel Vertrauen verspielt worden. Also schalten wir auf null und reichen uns die Hände, denn die Bürger lehnen solche politischen Spielchen ab. Sie wollen, dass wir gemeinsam Politik für die Stadt machen. 

Wie stehen Sie zu den großen Themen Kiesabbau und Deponieerweiterung? 

Die Zeit großer Infrastrukturprojekte liegt hinter uns. Ich durfte das Thema Deponie in meinen 20 Jahren Kommunalpolitik sehr eng und hautnah auf den Ebenen des Kreistags und der Flörsheimer Politik verfolgen. Deponie Erweiterung und Kiesabbau ist nicht mehr vertretbar bei den schon vorhandenen Belastungen. Wir tragen so viel Last an Lärm und Verkehr, solche Projekte sind nicht mehr durchsetzbar. Bei der Deponie sind wir in der komplexen Situation, dass die beiden Landkreise Kosten in Höhe von 100 Mio. Euro und mehr für die nächsten Jahrzehnte erwarten und diese Kosten müssten auf die Kommunen umgelegt werden, weil sich die Landkreise ausschließlich über diese Umlagen finanzieren. Die Flörsheimer Politik muss also eine Entscheidung treffen, die eine Tragweite über zwei Landkreise hat und dies eng mit allen politisch Handelnden abstimmen.

Wie sieht es Personell in der Fraktion aus? 

Christopher Willmy hat die letzten zwei Jahre die Fraktion erfolgreich geführt und nebenbei als Ortsvorsteher in Wicker herausragend für seinen Stadtteil Politik gemacht. Nun wird er die gute Arbeit im Magistrat fortsetzen. Frank Neugebauer, der schon seit vielen Jahren als Stellvertretender Fraktionsvorsitzender fantastische Arbeit macht, wird um Tobias Ruppert als neuer Stellvertreter ergänzt. Ich erhoffe mir dadurch für die Arbeit der Fraktion einen weiteren Schub und natürlich einen nach außen hin sichtbaren Generationswechsel. Auch in Wicker werden wir mit Luana Schnabel eine im Ort verwurzelte neue Ortsvorsteherin zur Wahl stellen. In Weilbach haben wir mit Thomas Schmidt und den sehr aktiven Ortsbeiräten und in Flörsheim mit dem neuen Parteivorsitzenden Jens Weckbach und seinem neuen Vorstand viel für frischen politischen Wind getan. Wir möchten uns das Vertrauen in die CDU frühzeitig erarbeiten und nicht erst wenige Wochen vor der Kommunalwahl. 

Stichwort Kommunalwahl

Wir können jetzt schon sagen, dass wir mit vielen neuen Gesichtern, manchen Überraschungen und viel Elan in die Kommunalwahl starten. Der Bürgermeister Bernd Blisch ist für uns eine wichtige Referenz, wird aber nicht auf der Kommunalwahlliste für die Stadtverordnetenversammlung kandidieren. Das zollt dem Anstand Rechnung. Wir haben einen sehr aktiven Stadtverordnetenvorsteher Michael Kröhle, der natürlich eine prominente Rolle spielen und hoffentlich in eine weitere Amtsperiode gehen wird. 

Für welche Themen stehen Sie mit Ihrer Fraktion und der CDU?

Wir werden ein Stück mehr für Sicherheit und Sauberkeit in der Stadt tun müssen. Das Bild der Grünanlagen hatte unter Bernd Blischs Vorgänger keine exponierte Rolle. Die vormaligen Visitenkarten der Stadt – Grün- und Erholungsflächen – sind allesamt in schlechtem Zustand. Dabei müssen wir auch die Zustände am Herrenberg in den Griff bekommen, die noch existierenden Schandflecke umwandeln und dabei auch Bürger gewinnen, die als Grünpaten einen kleinen Beitrag leisten. Auch zweifle ich sehr daran, dass die vielen Spielotheken zu Flörsheim passen. Beispielsweise sind mir die Wettbüros in Flörsheims Altstadt ein Dorn im Auge. Wir dürfen diese Zustände nicht aus dem Auge verlieren. 

Ich sorge mich um die Entwicklung der Feuerwehren und der Vereine in der Stadt. Wir haben drei moderne und motivierte Feuerwehren in der Stadt, an denen der demografische Wandel und der schmäler werdende Gemeinsinn auch nicht spurlos vorbeigehen. Wir müssen für moderne Technik in den Feuerwehren sorgen und für die Attraktivität des Ehrenamts werben, dabei die Feuerwehren in allen Dingen mehr unterstützen. Gleiches gilt für alle Vereine, die sich in Flörsheim engagieren. Dabei spielen natürlich karitative und jugendfördernde Programme eine exponierte Rolle. Ich denke dabei auch an eine bessere Zukunft für die Flörsheimer Sportvereine, mit denen wir besser ins Gespräch kommen müssen. 

Einiges wurde getan, um die Altstadt aufzuwerten. Doch wenig hat verfangen. Die guten Ideen aus Bernd Blischs Wahlprogramm wollen wir mit ihm und der Koalition angehen. Nichts darf unversucht bleiben. Auch die enge Verbindung mit dem Sozialen Campus im ehemaligen Marienkrankenhaus spielt dabei eine herausragende Rolle für eine sinnvolle Vision Flörsheims im Jahr 2040 – wie wollen wir hier leben? Die modernen Kindergärten sind dabei ebenso wichtig – wir bauten in der Hauptstraße, neueröffnen in der Riedschule, sanieren in Weilbach und bauen in Weilbach hinter der Weilbachhalle einen neuen – alles Zukunftsprojekte für unsere Stadt! Dabei müssen wir auch überlegen, ob ein Übergang der Schulkindbetreuung an den MTK als Träger uns qualitativ verbessern kann. Ich sehe dort sehr gute Initiativen und möglicherweise eine Qualitätsverbesserung für die Kinder sowie die Beschäftigten. 

Bleiben die zentralen Themen, die auch Bernd Blisch wichtig sind: nachhaltige Entwicklung des Gewerbegebiets West V, die Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes mit weiterer Digitalisierung der städtischen Dienstleistungen, um mehr Services auch online anzubieten. Die Seniorenpolitik wird weiterhin ein Schwerpunkt unserer Fraktion sein. Natürlich bleibt die Umgehungsstraße zentrales Thema sowie die erwähnten Projekte Stadtentwicklung, Deponie und Kiesabbau. 

Und ich habe ein neues Thema auf meine Agenda geschrieben, nachdem ich viele Weinbau-Örtchen besuchte. Flörsheim kann an Attraktivität weiter gewinnen, wenn wir den Weinbau-Schwerpunkt in Wicker noch stärker fördern und vermarkten. Das Weinfest ist eine Institution, das Tor zum Rheingau ein wichtiges Symbol. Der Erfolg des Weinstands am Flörsheimer Mainufer unterstreicht das. Und damit schwenken wir zur Landwirtschaft im Allgemeinen, weil viele der Weinbauer und Landwirte sich nicht ordentlich politisch vertreten fühlen. Ich möchte das ändern. Wir dürfen denen, die hart für Flörsheim arbeiten, nicht den Hemmschuh in den Weg stellen. Das sehen wir bei dem Thema Biosphärenregion, die wir nicht gegen die Landwirte umsetzen sollten. 

Politik gelingt nur, wenn wir als Rückenwind agieren. Und gute Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit! Deshalb CDU – für unser schönes Flörsheim.