Das Flörsheimer Stadtparlament hat sich einstimmig gegen eine Erweiterung der Rhein-Deponie in Wicker ausgesprochen. Der Weg zur gemeinsamen Resolution aller Fraktionen war aber steinig.

Die Flörsheimer Stadtverordneten wollen nicht, dass auf der Rhein-Main-Deponie in Wicker weitere 20 Jahre lang Schlacke, Bauschutt und Erdaushub aus der ganzen Region abgelagert werden. Einstimmig hat das Parlament dazu am Donnerstagabend eine Resolution aller Fraktionen verabschiedet. Dem Beschluss vorausgegangen war eine mehr als einstündige hitzige Debatte. Dabei wurde schnell klar, dass keine der fünf im Parlament vertretenen Parteien für eine Deponieerweiterung ist. Wie die Flörsheimer Kommunalpolitik auf die Pläne von Geschäftsführung und Aufsichtsrat der Deponiegesellschaft reagieren soll, war aber umstritten.

Die Gesellschafter Main-Taunus- und Hochtaunuskreis sollten aufgefordert werden, alle Planungen zum Deponieausbau sowie die Vorbereitungen für das Genehmigungsverfahren einzustellen, forderte die SPD. Mehr als 40 Jahre lang lebten die Wickerer bereits mit dem Müllberg in ihrer Nachbarschaft. Als 2005 per Planfeststellungsbeschluss entschieden wurde, die Deponie stillzulegen, habe es einen Oldtimer-Korso durch den Ort gegeben. „Wir haben gefeiert“, sagte SPD-Stadtverordnete Katharina Adam. Nun werde eine neue Deponie auf der alten geplant. „Das ist mit uns nicht zu machen.“

Flörsheim sei durch den Flughafen und den Kiesabbau hinreichend belastet, sagte auch FDP-Sprecher Thorsten Press. Mit der Deponie in Wicker müsse nun endlich Schluss sein. Das Argument, nirgendwo anders in der Region sei Platz, um die Schlacke aus den Müllverbrennungsanlagen abzulagern, wollte Press nicht gelten lassen. „Dazu hätte man sich seit dem Schließungsbeschluss 2005 längst etwas überlegen können.“

Das Projekt 

Die Pläne , eine Deponie auf der Deponie in Flörsheim-Wicker zu bauen, haben Geschäftsführer Heino von Winning und Aufsichtsratsvorsitzende Madlen Overdick (Grüne) Ende November vorgestellt.

Der Deponieberg soll um 20 Meter wachsen. Durch die Erweiterung könnten weitere 20 Jahre lang Schlacke, Erdaushub und Bauschutt aus der Rhein-Main-Region angenommen werden. Andernfalls müsste der Betrieb in Wicker 2021 eingestellt werden.

Als kommunales Entsorgungsunternehmen ist die Rhein-Main-Deponie in finanzielle Schieflage geraten. Die Gesellschafter Main-Taunus- und Hochtaunuskreis haben sich verpflichtet, bis Ende 2027 jeweils über 30 Millionen Euro für die Sanierung zu zahlen. 

Der Fraktionschef der Freien Bürger (dfb) Thomas Probst hatte bereits beim Informationsabend in Wicker Ende November den Deponieausbau kategorisch abgelehnt. Er sei schockiert darüber, dass er als Flörsheimer Stadtverordneter dazu vorab keinerlei Informationen erhalten habe, sagte Probst im Parlament. Probst hielt eine Liste mit 91 Namen hoch von Menschen, die in Wicker schwer krank geworden und gestorben seien. Auch sein eigener Vater sei darunter, sagte der dfb-Politiker. „Auf der Deponie ist vieles passiert, was nicht rechtens war, aber die Untere Naturschutzbehörde hat uns immer erklärt, alles ist in Ordnung.“

Flörsheim habe über Jahrzehnte den Hausmüll der Region zur Entsorgung übernommen. „Die Stadt kann kein weiteres Sonderopfer mehr tragen“, sagte CDU-Sprecher Marcus Reif. Für die Christdemokraten gelte: Die Deponie ist geschlossen und das soll auch so bleiben. Den SPD-Antrag wollte Reif dennoch nicht unterstützen. Die Forderung der Sozialdemokraten sei populistisch, auf „Erheischen kurzfristiger Zustimmung“ ausgerichtet. Er wolle Informationen, was auf der Wickerer Deponie geplant sei, sagte Reif. Die Veranstaltung Ende November in der Goldbornhalle sei „desaströs“ gelaufen. „Es gab keine Ansage, warum die Deponie überhaupt erweitert werden soll.“ Reif verwies auf einen Antrag der Kreis-SPD, die ebenfalls Informationen zu den Ausbauplänen gefordert hatte. „Der Beschluss, ob die Deponie ausgebaut wird oder nicht, fällt erst einmal im Kreistag. Danach werden die Flörsheimer gehört.“ Die Forderung des Stadtparlaments, die Planungen zu stoppen, bleibe zum jetzigen Zeitpunkt wirkungslos.

Kritik am Vorpreschen der SPD äußerte auch der Stadtverordnete der Grünen Alternativen Liste Flörsheim (Galf), Peter Kluin. Mit einem Flugblatt, auf dem von der „Rückkehr zur Müllkippe“ die Rede sei, schürten die Sozialdemokraten Angst unter den Bürgern. Dabei sei klar, dass in Wicker kein Hausmüll mehr abgelagert werde, sondern allenfalls Schlacke und Erdaushub. Auch die Galf sei für eine Schließung der Rhein-Main-Deponie, betonte Kluin. „Dafür sollten sich in Flörsheim alle Parteien gemeinsam einsetzen.“

Nach einer Sitzungsunterbrechung stimmten die Stadtverordneten am Ende nicht über den SPD-Antrag ab, sondern über einen Antrag aller Fraktionen, in dem der Deponieausbau abgelehnt wird.

Informationen zu den Erweiterungsplänen wollen die Flörsheimer Parlamentarier dennoch haben. Deponie-Geschäftsführer Heino von Winning und Aufsichtsratsvorsitzende und Main-Taunus-Kreisbeigeordnete Madlen Overdick (Grüne) sollen im Bauausschuss demnächst Rede und Antwort stehen.

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 13. Dezember 2019