Streit mit alten Vorurteilen, aber Einigkeit bei der Terminierung des Bürgerbegehrens

Flörsheim. Das Stadtparlament orientiert sich an der Nachbarstadt und zieht die Abstimmung über die geplante Umgehungsstraße vor.

Erneut war ein Bürgerbegehren zur geplanten Umgehungsstraße B 40/B 519 (neu) der Anlass für heftige Diskussionen in der Stadtverordnetenversammlung. Das nackte Ergebnis der langanhaltenden verbalen Streitereien zwischen der Galf und den Freien Bürgern auf der einen und der CDU, SPD sowie der FDP auf der anderen Seite war aber schlussendlich die Terminierung für den Bürgerentscheid. Dieser soll – ebenso wie in der Nachbarstadt Hochheim – am Sonntag, 13. Februar, durchgeführt werden.

Schuldige gesucht

Diesen Beschluss fassten die Fraktionen von CDU, SPD und FDP. Der Abstimmung vorausgegangen war eine teilweise hitzige Debatte, die alle alten Argumente und Vorurteile von Befürworten und Gegnern der Umgehung aufs Tapet brachten. So war es CDU-Fraktionschef Marcus Reif vorbehalten, Grundsätzliches festzuhalten: «Die Probleme sind die Gleichen geblieben.»

Zugleich war diese Einschätzung eine realistische Zustandsbeschreibung, die der CDU-Chef nach drei Jahren Diskussion in der Arbeitsgemeinschaft (AG) Verkehr abgab. Denn die dort gemachten Vorschläge hatten nicht zur Lösung der Verkehrsprobleme in Flörsheim oder seinen Stadtteilen beigetragen. Deshalb wurde auch bei der letzten Stadtverordnetenversammlung in diesem Jahr der untaugliche Versuch unternommen, die jeweiligen «Schuldigen» für das Dilemma Verkehrsprobleme zu benennen.

SPD-Stadtverordneter Wolfgang Pokowietz ließ sich hinreißen, Galf-Mann Richard Kilian als «notorischen Autofahrer» zu bezeichnen. Dass die Galf ihn zum verkehrspolitischen Sprecher gewählt habe, sei charakteristisch für den Zustand der Flörsheimer Grünen, äußerte sich Pokowietz abfällig über den politischen Konkurrenten. BIGU wie auch Galf hätten in Wahrheit Sorge, dass sie das Quorum für den Bürgerentscheid nicht erreichen könnte, meinte der Sozialdemokrat. Deshalb hätten sie den Änderungsantrag gestellt, den Bürgerentscheid am Tag der Kommunalwahl, am 27. März, durchzuführen. Die Galf habe ihr Pulver längst verschossen, unkte Pokowietz.

An alte Thesen und Ideen der Galf hielt sich SPD-Fraktionschef Gerd Mehler. Der Sozialdemokrat wollte wissen, ob denn die Grüne Alternative Liste nun für eine «kleine Ortsumgehung Weilbach» sei oder nicht. Diese Frage war durchaus berechtigt, hatte es doch noch dem ersten Bürgerentscheid im Jahr 2007 aus Galf-Kreisen geheißen, eine «kleine Ortsumfahrung Weilbach» sei durchaus denkbar.

Zu großer Aufwand

Doch alleine die Fragestellung brachte Galf-Mann Richard Kilian in Rage. Er bezichtige Gerd Mehler, eine Frage zu stellen, deren Antwort er bereits wisse. Doch so ganz klar äußerte sich Kilian dann dazu nicht mehr; er wollte sich nicht auf «dieses Niveau» herablassen.

Vielmehr lenkte er von der eigentlichen Antwort ab und bezichtigte die CDU, «als die größte Fraktion», nichts zur Problemlösung beigetragen zu haben. Galf-Fraktionschefin Renate Mohr hatte da viel weniger Probleme, Tacheles zu reden. Ja, die Galf sei gegen eine «kleine Ortsumfahrung Weilbach auf der Grundlage der linienfestgestellten Trasse». Später mochte auch Galf-Urgestein und «Umgehungsgegner-Profi» Peter Kluin nicht die Frage von Gerd Mehler verstehen, weil er sich von diesem nicht aufs Glatteis führen lassen wollte. Es bleibe dabei, so Peter Kluin, dass die Galf gegen das Umgehungsprojekt – auch in Weilbach – sei. Punkt.

Für Kluin ist es ohnehin «ein Hohn», dass für wenig Verkehrsentlastung, wie beispielsweise in Wicker, ein Großprojekt die Natur verschandele. Der Aufwand sei im Verhältnis zu dem verkehrsentlastenden Ertrag einfach zu hoch, meinte der Galf-Mann. Peter Kluin sieht die Galf für den zweiten Bürgerentscheid gut gerüstet: «Wir haben so viel Pulver, das können wir alles gar nicht verschießen. Das Quorum schaffen wir spielend.» Auch die Freien Bürger sprachen sich anschließend gegen die Umgehungsstraßen B 40 und B 519 (neu) aus.

Werner Duchmann (FDP) mochte die Galf-Selbsteinschätzung, man gehe grundehrlich mit dem Thema um, so nicht stehen lassen. Die Wahrheit sei auch, dass die Grünen verhindert hätten, dass ein Auftrag zur Erarbeitung von Ideen zur Verkehrsberuhigung an ein Verkehrsplanungs-Unternehmen erteilt werden konnte. Und zum Thema Naturschutz und Ackerflächen, die für die Umgehungsstraßen geopfert werden müssten, hatte Werner Duchmann den Spruch parat: «Liebt der Bauer die Natur, ist von Bauland keine Spur.» meh

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 16.12.2010