Erneut gutes Abschneiden der AfD überrascht Kommunalpolitiker
FLÖRSHEIM – Bei der Bundestagswahl hat sich in der Stadt der Trend verfestigt, dass die AfD in Flörsheim auf eine ihr besonders gewogene Wählerschaft trifft. Nach der Kreistagswahl im März 2016 hat die Partei in Flörsheim mit 13,3 Prozent der Zweitstimmen erneut ihr kreis- und wahlkreisweit bestes Ergebnis erzielt. Ein Blick auf die einzelnen Wahllokale zeigt, dass die AfD-Hochburg im Neubaugebiet liegt. In den Wahlbezirken acht und neun (Paul-Maar-Schule) kam die AfD auf 17,0 und 18,8 Prozent. Aber auch in fast allen anderen Wahlbezirken holte die AfD zweistellige Ergebnisse. Nur im Wahlbezirk sieben (Großsporthalle links) waren es lediglich 9,5 Prozent.
SPD-Vorsitzender Gerd Mehler sieht in den kommunalpolitisch aktiven Freien Bürgern einen wesentlich Grund für das gute Abschneiden der AfD in der Stadt. Inhaltliche Schnittmengen mit der AfD will Mehler der Wählervereinigung dabei gar nicht unterstellen. Deren Art Kommunalpolitik zu machen, bediene aber eine latente Unzufriedenheit mit der Politik allgemein, die sich auch bei der AfD fände, so Mehler. „Es ist eine Protesthaltung, eine allgemeine Unmutsstimmung, die die Freien Bürger bedienen“, sagte Mehler im Gespräch mit dieser Zeitung. Diese Protesthaltung habe sich auf Bundesebene nun mit der AfD einen anderen Kanal gesucht.
- ERGEBNIS
In Flörsheim erreichten die Parteien bei den Zweitstimmen folgendes Ergebnis (Bundesergebnis in Klammern).
CDU: 32,8 Prozent (32,9)
SPD: 21,7 Prozent (20,5)
AfD: 13,3 Prozent (12,9)
FDP: 11,6 Prozent (10,7)
Grüne: 8,5 Prozent (8,9)
Linke: 7,1 Prozent ( 9,2) (etz)
Das Viererbündnis aus CDU, Galf, FDP und Freien Wählern forderte Mehler auf, sich den Sachzwängen der Kommunalpolitik zu stellen und nicht jeden Antrag der Freien Bürger mitzutragen. Dort würden oft Hoffnungen geweckt, die nicht eingehalten werden könnten, was Unzufriedenheit und Protest bestärke. „Man sollte nicht den Eindruck erwecken, jeder Blödsinn könne in Anträgen umgesetzt werden“, so Mehler.
Recht ratlos zeigt sich Erster Stadtrat Sven Heß (Galf). „Ich verstehe nicht, warum die AfD in Flörsheim so stark ist. Es gibt in der Stadt keine Probleme mit Flüchtlingen, keine Besonderheiten und Auffälligkeiten. Ich kenne keinen in Flörsheim, der durch Flüchtlinge eine Einschränkung erfahren hat“, so Heß im Gespräch mit dieser Zeitung. Wie die Kommunalpolitik auf diese Entwicklung reagieren soll? „Ich weiß keinen Rat und keine Lösung“, sagte Heß im Gespräch mit dieser Zeitung.
CDU-Fraktionsvorsitzender Marcus Reif sieht einen Grund für das gute Abschneiden der AfD in der spezifischen kommunalpolitischen Situation in der Stadt, die den Glauben an die Gestaltungsfähigkeit der Politik beschädige. „Die Schärfe der Auseinandersetzung ist ohne Beispiel, es fehlt die einende politische Kraft“, so Reif. Ein Gefühl, dass die etablierten Parteien den Menschen nicht mehr zuhören, speziell in Fragen der Flüchtlingspolitik, könne ein weiterer Grund für das gute Abschneiden der AfD sein. Auf Hoffnungen die Partei werde sich, wie etwa die Piraten, selbst entzaubern, will Reif nicht setzen. Er mahnte, auch mit Blick auf die Kreispolitik, ein stabileres und robusteres Vorgehen gegen die AfD. „Ignorieren geht nicht mehr“, sagte Reif. Im Stadtparlament fehle allerdings, anders als im Kreistag, die Möglichkeit, die AfD inhaltlich zu stellen, da sie dort nicht vertreten ist.
Ein Erklärungsmodell für das besonders gute Abschneiden der AfD im Neubaugebiet kann laut Reif die besondere Fluglärmbelastung sein, die auch das gute Abschneiden der Partei entlang der Mainschiene erklären würde. Nach einem hohen Stimmenanteil zunächst für die Grünen, dann für die Linken suche sich die Enttäuschung der Menschen im Neubaugebiet nun die AfD als Ventil, so Reif.
Thomas Probst, Fraktionsvorsitzender der Freien Bürger, sieht keinen sachlichen Anlass für das gute Abschneiden der AfD in der Stadt. Die Flüchtlingsarbeit sei herausragend gut, Straftaten in der Stadt kein Thema. Die Beweggründe müssten dennoch ergründet und entsprechend darauf reagiert werden. Ziel müsse es sein, dass die AfD auch bei der nächsten Kommunalwahl nicht antritt und in die Stadtverordnetenversammlung einziehe, so Probst. Ein plattes Aburteilen der AfD-Wähler sei aber nicht das Mittel der Wahl. „Eine Million ehemalige CDU-Wähler sind doch nicht von heute auf morgen rechtsradikal geworden“, sagte Probst.