Ein Überläufer ärgert die CDU
Bei der Wahl des Terra-Aufsichtsrats stand Helmut Reinhard plötzlich auf der Vorschlagsliste der Genossen. Was und wer steckt dahinter?
Flörsheim. Ein ehemaliger Parteifreund sorgt weiter für Ärger bei den Flörsheimer Christdemokraten. Im Vorjahr trat Stadtrat Helmut Reinhard (57) aus der CDU aus. Er könne es nicht gutheißen, dass die Nato Bundeswehrsoldaten nach Litauen schicke. Für die CDU-Fraktionsmitglieder war der Grund unverständlich: Diese Argumentation sei an den Haaren herbeigezogen. Schließlich sei diese Entscheidung in der CDU/SPD-Koalition einmütig gefasst worden. Was der Entschluss, die Bundeswehrsoldaten in Litauen zu stationieren, mit der Kommunalpolitik zu tun habe, war den Christdemokraten ebenso nicht klar. Aber egal, was die CDU-Freunde dem Stadtrat auch sagten: Helmut Reinhard blieb bei seinem Austritt. Die Angelegenheit wäre im Sande verlaufen, wenn der einstige CDU-Mann sein Mandat niedergelegt hätte. Doch Reinhard legte nach. Als es um die Wahl des Terra-Aufsichtsrates ging, stand Helmut Reinhard plötzlich auf der SPDVorschlagsliste. Angekündigt hatte er dies nicht. Im Gegenteil. Der 57-Jährige hatte erst zugesichert, für die CDU-Liste zu stimmen. Anscheinend hatte ihn Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) aber zu der anderen Entscheidung überreden können. Die Motivation des Rathauschefs ist hingegen klar: Wo auch immer es möglich ist, versucht der Verwaltungschef, einen Keil in das Viererbündnis von CDU, Galf, dfb und FDP zu treiben. Ob mit solchen Spielchen tatsächlich das Viererbündnis zu knacken ist, wird sich erst in den nächsten Monaten herausstellen. Mit der Wahl von Helmut Reinhard auf der SPD-Liste ändern sich die Mehrheitsverhältnisse im Aufsichtsrat zuungunsten der CDU. Das Viererbündnis hat aber immer noch die Mehrheit in dem Gremium: 5:7 lautet dort das Stimmenverhältnis. Die SPD hat nun, einschließlich Reinhard, vier Sitze im Aufsichtsrat. Dazu kommt noch Bürgermeister Michael Antenbrink. Die Freien Bürger (dfb) haben zwei Vertreter im Aufsichtsrat, die FDP einen, die Galf zwei und die CDU nun ebenfalls zwei Vertreter.
Eigentlich stünden der CDU – analog dem Ergebnis bei der Kommunalwahl – drei Sitze zu. Doch durch den Schwenk von Helmut Reinhard zur SPD ist ein Sitz verloren gegangen. Besonders ärgerlich aus Sicht der CDU ist es, dass ausgerechnet der langjährige CDU-Mann Reinhard der Partei einen Bärendienst erweist, wurde doch seinetwegen der Magistrat auf 15 Mitglieder ausgedehnt. In mit Flörsheim vergleichbaren Kommunen sind es oft nur neun Mitglieder, die auf den Magistratssitzen Platz nehmen. Geht es nach dem Stimmenanteil, den die Kandidaten auf der Kommunalwahlliste erreicht haben, so kann Reinhard kein gutes Ergebnis vorweisen. Lediglich 1778 Stimmen entfielen auf ihn, der damals noch auf der CDU-Kandidatenliste stand. Erst mit über 2355 Stimmen wäre Reinhard ein Ehrenamtsposten sicher gewesen. Zum Vergleich: CDU-Spitzenkandidat Dr. Bernd Blisch holte mit 3450 fast das Doppelte an Stimmen bei der Kommunalwahl.
Auf Wunsch von Helmut Reinhard wurde dann – wie bereits beschrieben – der Magistrat auf 15 Mitglieder erweitert. Nach dem Parteiaustritt des 57-Jährigen aus der CDU sieht die Konstellation des Mehrheitsbündnisses im Magistrat wie folgt aus: Drei Sitze nimmt die CDU ein, drei die Galf, zwei die Freien Bürger, einer die FDP – insgesamt sind dies also neun Sitze. Die SPD hat vier Stimmen im Magistrat, dazu kann sie sich nun auf Helmut Reinhard verlassen, der seit seinem Parteiaustritt mit den Sozialdemokraten stimmt. Die Stimme von Bürgermeister Michael Antenbrink komplettiert die Anzahl der Oppositionsstimmen, die damit auf sechs Stimmen kommt. Wie CDU-Fraktionschef Marcus Reif auf Nachfrage des Kreisblatts erklärte, hatte die CDU „schriftlich und mündlich“ dem abtrünnigen Helmut Reinhard nahegelegt, seinen Sitz niederzulegen. Doch Reinhard stellte sich stur und behält seinen Sitz im Magistrat.
Marcus Reif sagt nichts
Was aber hat den einstigen Christdemokraten bewegt, sich derart zu verhalten? Gekränkte Eitelkeit könnte ein Motiv sein. Zwar wollte Marcus Reif gestern dazu nichts sagen. Doch andere CDU-Mitglieder werden da deutlich. Reinhard hatte einst auf der Liste derjenigen Personen, die im Magistrat für die CDU als Stellvertreter des Bürgermeisters, und des Ersten Stadtrates vorgesehen sind, an erster Stelle gestanden. Damit war Helmut Reinhard gefragt, bei Abwesenheit der Hauptamtlichen beispielsweise Verträge zu unterzeichnen. Einige Male habe er eigenmächtig gehandelt und zum Beispiel klare Absprachen nicht eingehalten. Trotz der Ansage aus dem CDUFührungsgremium, dies künftig zu unterlassen, habe Reinhard keine Einsicht gezeigt. Daraufhin zog die CDU-Führung die Notbremse. Sie setzte ihn nicht mehr auf einen Spitzenplatz auf der Liste.
Das Kreisblatt wollte mit Helmut Reinhard über seine neue Rolle im Magistrat sowie im Terra-Aufsichtsrat sprechen. Doch der Flörsheimer war gestern bis Redaktionsschluss nicht erreichbar. meh
Quelle: Höchster Kreisblatt vom 13. Februar 2017