Die Parlamentsmehrheit aus CDU, Galf und Freien Bürgern hat einer vertraglichen Vereinbarung mit der Marienkrankenhaus GmbH gestimmt. SPD und FDP waren die wirtschaftlichen Risiken für die Stadt zu groß.

Wie soll es nach der Schließung des Marienkrankenhauses vor knapp zwei Jahren mit dem Klinikgebäude weitergehen? Gelingt es, wie von allen Fraktionen gefordert, ein Medizinzentrum an der Hospitalstraße aufzubauen und damit dem drohenden Fachärztemangel in Flörsheim entgegenzuwirken?

Seit Monaten wurden zwischen den Verantwortlichen im Rathaus und Vertretern des ehemaligen Klinikträgers, der Marienkrankenhausgesellschaft über diese Fragen diskutiert. Jetzt haben die Flörsheimer Stadtverordneten einer vertraglichen Vereinbarung zugestimmt, die den Weg für einen Gesundheitscampus auf dem ehemaligen Klinikgelände freimacht.

Demnach verpflichtet sich die Gesellschaft Arztpraxen, Praxen für Physiotherapie sowie ein ambulantes OP-Zentrum auf dem Gelände einzurichten. Das Nutzungskonzept sieht auch die Ansiedlung einer Apotheke, eines Sanitätshauses und eines Reformhauses vor. Die ehemalige Kapelle des Krankehauses soll zu einer Veranstaltungsfläche umgebaut werden. Geplant sind auch betreutes Wohnen, eine Pflegeeinrichtung, eine Cafeteria und ein Restaurant. Wohnungen könnten in dem ehemaligen Klinikgebäude ebenfalls entstehen.

Die Historie 
Am 1. September 1904 wurde das als

Bürgerstiftung gegründete Krankenhaus in der Hospitalstraße eingeweiht. Die Leitung des Hauses übernahmen die Dernbacher Schwestern.

Im Oktober 1955 wurde das Flörsheimer Krankenhaus, bis dahin in städtischem Eigentum, den Dominikanerinnen übergeben. Es erhielt den Namen „Marienkrankenhaus“.

Seit 2004 war die Marienhaus GmbH Träger des Krankenhauses. Mit 95 Betten zählte es zu den kleinen Kliniken in Hessen.

Im September 2017 musste das Krankenhaus aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden. 

Um das Projekt für einen Investor interessant zu machen, verzichtet die Stadt Flörsheim auf das ihr zustehende Rückübertragungsrecht des Grundstücks und erhält 20 Jahre lang eine Rente von jährlich 62 500 Euro. Insgesamt kommen so 1,25 Millionen Euro zusammen. Der Betrag liegt etwas über dem von einem Sachverständigen ermittelten Grundstückswert.

Sozialdemokraten und Liberale stimmten dem Vertrag mit der Marienkrankenhausgesellschaft im Parlament nicht zu. Die Vorgabe, dass 35 Prozent der Fläche für Arztpraxen genutzt werden müssten, entfalle, wenn binnen eines Jahres die Baugenehmigung für das Projekt erteilt werden, kritisierte SPD-Fraktionschefin Marion Eisenmann-Kohl. Der Investor könne dann nach Gutdünken die Pläne ändern. „Da fehlt die Rechtssicherheit.“

Risiken wirtschaftlicher Art würden durch die Vereinbarung auf die Stadt abgewälzt, sagte FDP-Sprecher Thorsten Press. „Wenn die Baugenehmigung nicht kommt, muss die Stadt laut Vertrag vier Millionen Euro bezahlen.“

Sollte das Ärztezentrum nicht entstehen, werde das zum Zusammenbruch der medizinischen Nahversorgung in Flörsheim führen, warnte hingegen der Fraktionschef der Grünen Alternativen Liste Flörsheim (Galf). Der Investor verpflichte sich, Millionen in das marode Gebäude zu investieren, sagte CDU-Fraktionschef Christopher Willmy. „Wenn das nicht bald passiert, ziehen die Ärzte, die dort noch ihre Praxen haben, endgültig weg.“

Einem kirchlichen Fonds, der dem Vernehmen nach das Projekt entwickeln soll, zu unterstellen, er agiere wie eine Heuschrecke und werde nach einem Jahr womöglich Luxuswohnungen statt eines Gesundheitscampus bauen, sei unredlich, konstatierte Marcus Reif (CDU). Der Investor brauche ein gewisses Maß an Flexibilität. „Die Stadt kann das Projekt ohne einen Partner nicht stemmen.

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 16. Dezember 2019