Antenbrink beschimpft Stadtverordnete als „Clowns“
VON SASCHA KRÖNER
Verwaltungschef Michael Antenbrink (SPD) stand alleine da: Die Stadtverordneten fassten einen gemeinsamen Beschluss, dessen Inhalt den Rathauschef in Rage brachte.
Foto: Firmenbild (Maik Reuß)Geldsäcke werden nicht von Flugzeugen über Flörsheim abgeworfen, wie auf dieser Foto-Montage. Doch für Haus- und Wohnungseigentümer kann es auf Antrag Steuerermäßigungen geben. FNP-DuP
Flörsheim. Manchmal erzielen Worte genau das Gegenteil von dem, was sie bewirken sollen. Diese Erfahrung musste Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung machen, als er versuchte, die Stadtverordneten von einer Entscheidung abzubringen. Die Diskussion drehte sich um die Grundsteuer und den Fluglärm – zwei Themen, die in den vergangenen Jahren für Aufregung sorgten, und die nun von der CDU in einem Antrag verbunden wurden. Dabei offenbarte sich eine ungewöhnliche Einigkeit aller Fraktionen, während der Rathauschef den Antrag ablehnte. Antenbrinks verbaler Ausfall hat die rot-grüne-Koalition mit der CDU/FDP/dfb-Opposition näher zusammenrücken lassen. Doch zurück zum Anfang: Die Christdemokraten hatten beantragt, dass der Magistrat die Bürger über die Möglichkeit eine speziellen Grundsteuersenkung informieren solle. Hauseigentümer, deren Immobilien sich in der Einflugschneise befinden, können nämlich bei der zuständigen Finanzbehörde eine Grundsteuerermäßigung aufgrund der Fluglärmbelastung beantragen. Eigentlich ist dies nichts Neues. Die CDU-Fraktion schlug vor, dass die Stadt den Betroffenen einen ausformulierten Antrag zusendet, um das Schreiben ans Finanzamt zu erleichtern. Die CDU macht sich die Steuersenkung seit der Erhöhung der Grundsteuer durch die SPD-Galf-Koalition zum Thema. Diese findet sogar im Antragstext Erwähnung: Die Stadt solle die Anspruchsberechtigten informieren, um die von SPD und Galf beschlossene Grundsteuererhöhung für einige Bürger abzufedern, heißt es dort sinngemäß.SPD und Galf sagten ihre Zustimmung zwar zu, äußerten sich jedoch zunächst zurückhaltend: Eigentlich laufe der Antrag ins Leere, erklärte Peter Kluin (Galf). Die Möglichkeit, eine Ermäßigung zu beantragen, sei ein offenes Geheimnis in Flörsheim. Mit der Begründung des Antrags hatte der Grüne ein Problem: Nicht wegen der Steuererhöhung der Koalition, sondern wegen des Lärms mache die Information der Bürger Sinn. Marion Eisenmann-Kohl (SPD) stimmte dem CDU-Antrag ebenfalls vorsichtig zu. Die Wahrheit liege irgendwo in der Mitte, meinte die Fraktionsvorsitzende. SPD und Galf schlugen als gemeinsame Änderung vor, den Flughafenbetreiber Fraport anzuschreiben und prüfen zu lassen, ob die Stadt Entschädigungszahlungen für die entgangenen Grundsteuer von dem Unternehmen einfordern könne. Thomas Probst (dfb) unterstützte den Antrag und erinnerte daran, dass die Freien Bürger bereits im Jahr 2012 auf die Möglichkeit einer Grundsteuerermäßigung hinwiesen.
Bisher 170 Anträge
Das alles schmeckte Michael Antenbrink überhaupt nicht. Der Rathauschef hatte in erster Linie die Auswirkungen auf die Stadtkasse im Sinn: Er könne der Logik des Antrags nicht folgen, wetterte der Bürgermeister. Ein Ausfall bei der Grundsteuer schade den Bürgern, weil die Stadt dann entweder Ausgaben kürzen oder die Grundsteuer weiter erhöhen müsse. Laut Kämmerer Sven Heß gab es seit dem Jahr 2012 insgesamt 170 Anträge auf Grundsteuerermäßigung. Im Jahr 2014 habe der Verlust für die Stadt lediglich 10 000 Euro betragen. Nachdem alle Fraktionen ihre grundsätzliche Zustimmung zum CDU-Vorstoß formuliert hatten, verschärfte Antenbrink seinen Tonfall. Die Stadtverordneten sollten „in sich gehen“ und den Blick auf die Wirklichkeit richten, forderte der Rathauschef lautstark. Er wies darauf hin, dass die Stadt seit 15 Jahren gegen den Flughafenausbau klage. „Gibt es irgendjemanden in diesem Saal, der glaubt, dass Fraport uns den Ausfall an Grundsteuer zahlt?“, fragte Antenbrink und forderte, dass die Stadtverordneten nach außen ein Bild von ernsthafter Politik abgeben sollen. „Machen Sie sich nicht zu Clowns“, tönte Antenbrink.
Gemeinsamer Antrag
Dieser Tonfall schweißte die Stadtverordneten zusammen: Sie sei in sich gegangen und habe keine zwei Sekunden gebraucht, um zu wissen, dass die Stadtverordneten sich richtig verhalten, erklärte die Galf-Fraktionsvorsitzende Renate Mohr. Man müsse Fraport mitteilen, in wie vielen Bereiche der Flughafenausbau hineinwirke. Den Kopf in den Sand zu stecken, sei das schlimmste Zeichen, das man abgeben könne.
Als Thomas Probst dann vorschlug, den CDU-Antrag als gemeinsamen Antrag aller Fraktionen auf den Weg zu schicken, schlossen sich alle Stadtverordneten an. „Die Clowns möchten abstimmen“, verkündete der CDU-Fraktionvorsitzende Marcus Reif. Das folgende Urteil fiel eindeutig aus: Alle Fraktion sowie der fraktionslose FDP-Mann Thorsten Press stimmten für den Antrag und beauftragten den Magistrat, die Bürger bei der Beantragung der Grundsteuerermäßigung zu unterstützen.