Warum der Raunheimer Rathauschef Thomas Jühe nicht juristisch dagegen vorgehen möchte.

Flörsheim/Raunheim -Auf einem rund 12 Hektar umfassenden Streifen im Flörsheimer Wald sollen Bäume fallen. Die zur Dreher-Gruppe gehörende Sand- und Kiesgewinnung Blasberg plant dort die Erweiterung ihres Kiesabbaus. Dagegen regt sich in Flörsheim Widerstand. Die Koalition aus CDU und GALF sprach sich vor einigen Tagen gegen die vorliegenden Pläne aus und erinnerte an die Konflikte in den 80er Jahren. Damals habe die Stadt 180 Hektar Bannwald für den Bau der Startbahn West verkauft, da ihr eine Enteignung drohte. Die Regierungsparteien betonen die Gestaltungshoheit über ihre Waldfläche.

Doch was sagt der Chef der Nachbarkommune Raunheim dazu?

Das betroffene Waldstück gehört der Stadt Flörsheim, liegt jedoch auf Raunheimer Gemarkung. Die Flörsheimer Koalition drückte deshalb bereits ihre „Hoffnung auf Geschlossenheit der betroffenen Städte“ aus. Raunheims Bürgermeister Thomas Jühe (SPD) erklärt auf Nachfrage, dass seine Stadt zur Veröffentlichung der Planfeststellung verpflichtet sei. Seine Einstellung zum Kiesabbau beschreibt Thomas Jühe mit Verweis auf verschiedene Blickwinkel. Natürlich sei jede Inanspruchnahme von intaktem Wald im Herzen des Ballungsraums Rhein-Main unvereinbar, erklärt der Raunheimer Verwaltungschef. Selbst im Falle von Ersatzpflanzungen würde die Funktion der gerodeten Waldfläche für Jahrzehnte ausfallen. Dennoch will Jühe vorerst nicht juristisch gegen die Pläne der Dreher-Gruppe vorgehen. Der SPD-Mann bezeichnet sich als Realisten und die Raunheimer Position als „konstruktiv-kritische Haltung“.

Man müsse berücksichtigen, wie die Entscheidungen des zuständigen Regierungspräsidiums (RP) Darmstadt in der Vergangenheit begründet wurden. Die Behörde habe zum einen darauf hingewiesen, dass es sich beim Kiesabbau um einen temporären Eingriff handele, der später ausgeglichen werde. Zum anderen argumentiere das RP mit einer verstärkten Bautätigkeit im Rhein-Main-Gebiet, für die der Kies als Baustoff benötigt werde. Ohne Kiesgruben in der Umgebung müsste das Material von weit entfernten Flächen angeliefert werden. „Wer diese Argumente kennt, muss realistisch sein“, meint Thomas Jühe. Man könne sich politisch dagegen positionieren, müsse aber auch Vorschläge in der Hinterhand haben. Raunheim werde Anträge zur Planfeststellung stellen, um erweiterte ökologische Ziele einzufordern, so Jühe. Statt gerodete Bäume eins zu eins zu ersetzen, solle durch eine anschließende Renaturierung der Fläche in Zukunft eine höhere ökologische Wertigkeit erzielt werden. „Wir werden diese Punkte im Verfahren ganz massiv vertreten“, erklärt der Verwaltungschef. Die Genehmigungsbehörde müsse dann entscheiden, ob sie diese ökologischen Forderungen so festsetzt oder ob sie eine Klage riskiert.

Zur Frage der Geschlossenheit der beiden Kommunen erklärt Thomas Jühe, dass Raunheim und Flörsheim „in guter Nachbarschaft“ leben würden. Beide Rathäuser würden im Austausch stehen. Er gehe davon aus, dass sich Raunheim und Flörsheim bei ihrer Stellungnahme zur Planfeststellung abstimmen werden.

Die Parteien in Flörsheim haben derweil eine Resolution gegen den Kiesabbau angekündigt. Wie Bürgermeister Dr. Bernd Blisch (CDU) mitteilte, würde die Frist für eine Stellungnahme am 22. März verstreichen. An diesem Tag kommen die Flörsheimer Stadtverordneten jedoch erst zu ihrer nächsten Sitzung zusammen. Die Stadt habe deshalb einen Aufschub um vier Wochen erhalten. sas

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 25. Februar 2022