Das Thema Sozialwohnungen lässt die Stadtverordneten nicht mehr los: Das Vierer-Bündnis aus CDU, Galf, dfb und FDP strebt eine Kooperation mit der Fraport AG im Immobilienbereich an. Der Flughafenbetreiber hatte bis zum Ende des Jahres 2014 lärmbelastete Wohnungen im Rahmen seines Casa-Programmes gekauft. Heute ist die Fraport Casa GmbH für die Vermietung zuständig. Das Mehrheitsbündnis der Stadtverordneten möchte den Magistrat mit Kooperationsgesprächen beauftragen, um Casa-Wohnungen als Sozialwohnungen zu nutzen. Die Antragsteller begründen ihren Vorstoß damit, dass viele von Fraport erworbene Wohnungen im Baugebiet Nord leer stünden.
Diese Behauptung hatte ein Sprecher des Unternehmens jedoch vor einigen Wochen auf Kreisblatt-Nachfrage zurückgewiesen. Der Anteil freier Wohnungen im Casa-Gebiet liege unter drei Prozent, berichtete Fraport-Sprecher Dieter Hulick dieser Zeitung. Von 300 Wohneinheiten seien derzeit nur 8 nicht belegt. Die Bereitstellung von Immobilien als Sozialwohnungen wies Hulick damals zurück. Die Casa GmbH habe keine Probleme damit, ihre Wohnungen zu belegen. Sozialer Wohnungsbau sei etwas ganz anderes.
Kommentar: Veralbert
Der Betreiber des Frankfurters Flughafens, die Fraport AG, wolle seiner „moralischen Verantwortung für Flörsheim“ nachkommen. Dies hatte CDU-Fraktionschef Marcus Reif in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung erklärt. Entschuldigung, aber das kommt einer Veralberung gleich, dass bei der Fraport plötzlich Fürsorge und Rücksicht eine Rolle spielen, die es jahrelang überhaupt nicht gegeben hat, wenn es um die Mainstadt ging. Im Gegenteil. Da wurde gemauert und alles getan, um viele Flörsheimer gegen sich aufzubringen, so zum Beispiel, als die Fraport sich weigerte, die Schallschutzfenster für Flörsheimer Schulen zu finanzieren. Doch auch die in den vergangenen Jahren führenden politischen Kräfte von SPD und Galf in Flörsheim haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Denn warum es bisher nicht möglich war, mit der Fraport Casa GmbH in Sachen Wohnungsvermittlung zusammenzuarbeiten, kann wohl nicht logisch erklärt werden – nur politisch. Oder waren die Kontakte der rot-grünen Rathausspitze zur Fraport AG so schlecht?
In der jüngsten Stadtverordnetenversammlung hörte sich die Perspektive für eine Zusammenarbeit jedoch plötzlich ganz anderes an: Die CDU schien eigene Kontakte zum Flughafenbetreiber geknüpft zu haben und stellte den Erfolg des gemeinsamen Antrags in Aussicht. Der Antrag verfolge nicht das Ziel, sofort freie Wohnungen aus dem Casa-Besitz zu übernehmen, erläuterte der CDU-Fraktionsvorsitzende Marcus Reif. Das Bündnis strebe vielmehr eine längerfristige Kooperation an. Fraports Casa Gesellschaft solle der Stadt Flörsheim künftig Wohnungen zur Verfügung stellen, sobald die Räume frei werden. Reif betonte, dass der Flughafenbetreiber bereit sei, seiner „moralischen Verantwortung für Flörsheim“ nachzukommen. Fraport habe angeboten, die Leerstände in den Casa-Wohnungen zu melden und der Stadt Wohnräume als Sozialwohnungen zu überlassen, berichtete der Christdemokrat, dessen Fraktion wohl schon mit dem Flughafenbetreiber in dieser Sache gesprochen hat. Reif beantragte den Verweis des Antrags in den Haupt- und Finanzausschuss. Die CDU wolle ihre Kontaktperson bei Fraport dann zu einer Sitzung des entsprechenden Fachausschusses einladen.
Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) bestätigte, dass es eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit gebe. Die Stadt stehe in regelmäßigem Austausch mit Fraport. Der Magistrat sei zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit. SPD-Fraktionschefin Marion Eisenmann-Kohl bedauerte, dass das Vierer-Bündnis nur eine Zusammenarbeit für Casa-Immobilien anstrebe. „Man hätte auch noch andere Partner ansprechen können“, meinte die Sozialdemokratin.
Letztlich stimmten aber alle Fraktionen für den Verweis des Antrags in den Haupt- und Finanzausschuss. Man darf auf die Verhandlungen über Sozialwohnungen mit Fraport-Beteiligung gespannt sein – falls dies dann auch realisiert werden.
Quelle: Höchster Kreisblatt vom 19. Juli 2016