Skeptisch äußert sich ebenfalls CDU-Fraktionschef Marcus Reif: „Wir ermuntern den Minister gerne, diesen Weg konsequent weiterzugehen. Die Lärmobergrenze ist zwar nicht der ganz große Wurf, gleichwohl ein guter Schritt auf eine nachhaltige Reduzierung stark Lärm produzierender Fluggeräte hinzuwirken.“ Die Landebahn sei nun aber mal faktisch da. Deshalb bleibe nur die Hoffnung, noch „beim Betrieb Einfluss nehmen zu können“, erklärt Marcus Reif.

Was Kommunalpolitiker zum Lärm-Konzept sagenLärm-Konzept: Keine Entlastung für Flörsheim

Es ist wie erwartet nicht der Weisheit letzter Schluss. Doch das neue Lärmobergrenzen-Konzept der hessischen Landesregierung soll zumindest dauerhaft eine größere Zunahme von Fluglärm verhindern. Doch leiser wird es in den Main-Städten nicht mehr werden. 

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Flörsheim. Seit gestern ist das Konzept zu den Lärmobergrenzen auf dem Tisch. Leiser wird es dadurch in Flörsheim nicht. Die Regelung, die der Hessens Verkehrs- und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Bündnis 90/Die Grünen) präsentierte, setzt dem Anstieg des Lärms jedoch ein Limit. Dabei wird die zulässige Lärmbelastung räumlich begrenzt. Die Fläche, die einem durchschnittlichen Dauerschallpegel von 55 Dezibel ausgesetzt ist, darf höchstens noch 22 193 Hektar groß sein. Die Obergrenze für den Dauerschallpegel liegt damit um 1,8 Dezibel niedriger als die Prognosen des Planfeststellungsbeschlusses, die von 700 000 Flugbewegungen im Jahr 2020 ausgingen. Die zahl der Flugbewegungen soll nicht gedeckelt werden. Das Gebiet, in dem ein Höchstwert von 60 Dezibel Lärm herrscht, darf 8815 Hektar nicht überschreiten. Die Landesregierung strebt eine freiwillige Vereinbarung mit Flughafenbetreiber Fraport an. Nur für den Fall, dass keine Einigung erzielt werden kann, soll die Betriebsgenehmigung für den Flughafen angepasst werden.Flörsheims Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) erklärt erst einmal ironisch, dass es „schön sei, dass die Landesregierung umsetzt, was sie vor 16 Jahren in der Mediation versprochen hat“. Es sei außerdem positiv zu bewerten, dass die Lärmobergrenze im Landesentwicklungsplan festgeschrieben werden soll. Dies sei wichtig für die bindende Wirkung des Konzepts. Nachdenklich stimme ihn allerdings der Umstand, dass Verkehrsminister Tarek Al-Wazir trotz der Beschränkung der Lärmentwicklung an den 700 000 Flugbewegungen aus der Planfeststellung festhalte. Es müsse kritisch hinterfragt werden, ob sich der Lärm so einfach von den Flugbewegungen trennen lässt. Die Norah-Studie habe gezeigt, dass Einzelschallereignisse eine Auswirkung auf die betroffenen Menschen haben, argumentiert der Flörsheimer Verwaltungschef. Dass der Lärm zunächst noch weiter steigen kann, weil die Grenze 1,8 Dezibel unter der Prognose der Planfeststellung liegt, nimmt Antenbrink ohne große Überraschung hin. Wer mit der Erwartung rangegangen sei, dass es durch die Lärmobergrenze leiser wird, der habe sich falsche Vorstellungen gemacht. Der Name sage schließlich schon aus, dass der Lärm nach oben begrenzt wird. „Da war die Erwartungshaltung vielleicht etwas hoch“, so Flörsheims Bürgermeister.

Insgesamt halte er die Einführung einer Lärmobergrenze für einen wichtigen Schritt, sagt Hans-Jakob Gall, Vorsitzender des Vereins Für Flörsheim, der Musterkläger gegen den Flughafenausbau betreut. Die Politik habe mit der Entscheidung klar Stellung bezogen. Gall meint, dass die politischen Vertreter auf Landesebene erkennen, „was mit der Nordwest-Landebahn angerichtet wurde“. Mehr Erleichterung als durch der Lärmobergrenze erhoffe er sich allerdings von der Entwicklung neuer computergestützter Anflugverfahren. Solche Schritte seien wichtiger. Gall betont außerdem, dass der Verein sich dafür einsetzt, dass schwere Flugzeuge der Heavy-Kategorie überhaupt nicht mehr über Flörsheim fliegen dürfen.

Carola Gottas von der Bürgerinitiative Flörsheim-Hochheim gegen den Fluglärm stört sich vor allem daran, dass das Konzept zur Lärmobergrenze keine Beschränkung der maximalen Zahl der Flugbewegungen beinhaltet. Im Gegensatz zu den errechneten Dauerschallpegeln, bringe eine Verringerung der Flüge einen tatsächlichen positiven Effekt für die belasteten Menschen und führe gleichzeitig auch zu weniger Schadstoffen. Die Flörsheimerin betont, dass der Schadstoffausstoß auch bei weniger lauten Flugzeugen gleich bleibe. „Eine Senkung von 1,8 Dezibel beim maximal möglichen Dauer-Schall ist ja lächerlich“, kritisiert Carola Gottas.

Skeptisch äußert sich ebenfalls CDU-Fraktionschef Marcus Reif: „Wir ermuntern den Minister gerne, diesen Weg konsequent weiterzugehen. Die Lärmobergrenze ist zwar nicht der ganz große Wurf, gleichwohl ein guter Schritt auf eine nachhaltige Reduzierung stark Lärm produzierender Fluggeräte hinzuwirken.“ Die Landebahn sei nun aber mal faktisch da. Deshalb bleibe nur die Hoffnung, noch „beim Betrieb Einfluss nehmen zu können“, erklärt Marcus Reif.

SPD-Fraktionsvorsitzende Marion Eisenmann-Kohl erläutert, dass sie von einer freiwilligen Übereinkunft mit Fraport zur Einhaltung der Lärmobergrenze nichts halte. Die Sozialdemokratin wünscht sich eine rechtsverbindliche Regelung. Es habe sich oft gezeigt, dass alles andere nichts bringe. Die Genossin bemängelt außerdem, dass das Konzept an den Realitäten vorbei gehe, weil es sich an den Prognosen zur Zahl der Flugbewegungen aus dem Planfeststellungsbeschluss orientiere. Da die angenommene Zunahme der Flugbewegungen bisher nicht zutreffe, wäre den Menschen in der Region eher mit einem Konzept gedient, dass jetzt schon eine Begrenzung des Lärms zur Folge hätte. Dass der Flugverkehr jetzt vorerst noch lauter werden kann, könne doch nicht im Sinne des Erfinders sein.

Thomas Jühe (SPD), Bürgermeister der ebenfalls betroffenen Nachbarstadt Raunheim, hat sich als Vorsitzender der Fluglärmkommission zu Wort gemeldet: Er lobt, dass die Anwohner des Flughafens durch eine Begrenzung des Lärmanstiegs erstmals Planungssicherheit bekommen würden.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 28. September 2016