CDU-Fraktionschef zieht Fazit zur Bundestagswahl


Die Aktualität hat Vorhersagen aus den Vorjahren schon längst überholt. So hatte ein Flörsheimer CDU-Parteivorsitzender vor einigen Jahren auf einem Neujahrsempfang bei seiner Ansprache deutlich gemacht, dass die Mitglieder der CDU allmählich nicht mehr wüssten, wofür ihre Partei stünde. Vor allem die konservativen Wähler seien von der Politik von Angela Merkel enttäuscht. Die Abschaffung der Wehrpflicht sowie der Ausstieg aus der Atomkraft wurden damals in diesem Zusammenhang als zwei von vielen Beispielen genannt. In der Zwischenzeit hatte die von Merkel propagierte Aufnahme von Flüchtlingen aus Krisengebieten sowie die in der CDU immer mehr Raum einnehmenden „grünen“ Themen für weitere Irritationen bei den CDU-Wählern gesorgt. Die Partei verliere ihre Identität, lautete die Kritik von Mitgliedern. 

Schließlich kam zu dem ideologischen Dilemma der Christdemokraten noch das Ärgernis über einen amateurhaft ausgetragenen internen Kampf um die Kanzlerkandidatur. Ein träger und an wichtigen Realitäten vorbeizielender Wahlkampf machte das Chaos bei der Union perfekt. Dass in diesen Wahlkampf unter anderem ehemalige Mitarbeiter der „Bild“ involviert waren, sagt einiges über den Zustand der CDU im Jahr 2021 aus. Dies alles trug dazu bei, dass in den Stadt- und Ortsverbänden der Partei die Mitglieder keine große Lust verspürten, Plakate zu kleben oder Werbematerial zu verteilen. Kein Wunder, machte an der Basis nach der Nominierung von Armin Laschet zum CDU-Kanzlerkandidaten doch der Spruch die Runde: „Es wird weiter gemerkelt“. Damit war gemeint: Wichtige Themen werden nicht angepackt, lieber wird vieles im Unklaren gelassen. Die Bundestagswahl ergab den Absturz der einstigen Volkspartei von einst sicheren 30 Prozent plus auf nun noch nicht einmal 25 Prozent. In der Mainstadt lag für die CDU das Ergebnis im üblichen bundesweiten Trend. So erzielte die CDU 25,33 Prozent – zum Vergleich die Ergebnisse von 2017 in Klammern – (32,83), die SPD kam auf 26.49 Prozent (21,67) und die Grünen auf 12,99 (8,5) sowie die FDP auf 13,25 Prozent (11,61). Die AfD bekam 9,14 Prozent (13,28) der abgegebenen Stimmen, die Linke 3,78 (7,06).

„Erwartungen waren zu groß“

Was sagt der damalige CDU-Vorsitzende Marcus Reif, der eingangs erwähnt wurde, zu dem Wahlergebnis, da ja zugleich das Kommunalwahlergebnis vom März genau umkehrt, wenn es nur um das Abschneiden von CDU und SPD geht? „Der Start des Kandidaten war schon mit leichten Kratzern verbunden und die Erwartungen, die an ihn gestellt wurden, konnte Armin Laschet als Kandidat nicht erfüllen. Ich glaube, dass die Erwartungen an ihn als Kanzlerkandidaten übersteigert waren. Dennoch ist von solch einer Führungsfigur zu erwarten, dass sie auch solch hohen Erwartungen entspricht“, meint Reif, der sich als Fraktionschef für die CDU in der Mainstadt engagiert. Auch in Flörsheim hätten einige der Fettnäpfchen von Armin Laschet für Stirnrunzeln gesorgt. „Viele Bürger sprachen mich an und äußerten Bedenken, ob man der CDU dieses Mal beide Stimmen geben kann.“ 

Die Aussage von Armin Laschet, dass eine Jamaika-Koalition von CDU, Grüne und FDP möglich sei, sei dessen Sicht der Dinge. Es sei allerdings klar geworden, dass dieses Narrativ nicht tragbar sei. „Der Auftrag zur Bildung einer Regierung liegt zunächst bei der SPD“, betont Reif. Dies solle aber nun nicht heißen, dass die CDU nicht bei Grünen und FDP für Jamaika werben sollte. Der Stadtverordnete zieht ein weiteres Fazit: „Die vielen Stimmen für AfD und für die Linke stimmen mich besorgt. Ich bin sicher, dass die AfD-Stimmen ein geschlossenes Milieu sind. Diese Stimmen kehren nicht mehr zurück.“ Doch dass ehemalige Wähler der CDU unter Merkel nun der SPD mit Olaf Scholz ihre Stimmen gaben, sei nicht mal überraschend. „Solche Wähler kämen doch mit einem modernen und guten Wahlprogramm und einem vorbildlichen Spitzenteam sehr gerne wieder zur Union zurück“, zeigt sich Reif sicher. „Meine Partei hat viele Fragen zu beantworten. Nun haben wir an allen Stellen die Möglichkeit, auch mit neuen Persönlichkeiten das verlorene Vertrauen wiederzuerlangen. Das fängt nicht in Berlin, sondern hier bei uns in den Kommunen an“, so der Fraktionschef. 

Nicht unerwähnt sollte das Abschneiden der Freien Wähler und der Tierschutzpartei bleiben: In Flörsheim bekamen die Freien Wähler 2,25 Prozent (2017: 1,04). Die Tierschutzpartei konnte sich auf 1,79 Prozent verbessern, nach 1,20 Prozent vor vier Jahren.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 6. Oktober 2021