CDU und GALF sehen jedenfalls keinen Spielraum für Wünsche von SPD und FDP


Zunächst die nüchternen Fakten: Der Haushaltsplan von Bürgermeister und Kämmerer Dr. Bernd Blisch (CDU) fand in der Stadtverordnetenversammlung eine Mehrheit. Der Etat, der ein Minus von rund 1,6 Millionen Euro im Ergebnishaushalt aufweist und sich auf stabile Rücklagen stützt, erhielt die Zustimmung von CDU, GALF und Freien Bürgern (dfb). SPD und FDP stimmten dagegen. 

Wer der CDU/GALF-Koalition zuhörte, bekam den Eindruck äußerst harmonischer Haushaltsberatungen. CDU-Fraktionschef Marcus Reif bezeichnete die Beratungsrunde als „etwas Besonderes“. Mit kritischem Geist seien sehr viele Anträge in die richtige Richtung getrieben worden. Dadurch habe der Etat 2022 deutlich mehr Zustimmung und Substanz als andere Haushalte, die nur mit der Regierungsmehrheit beschlossen werden. 

„Die Spendierhosen im Schrank lassen“

Schattenhaushalte der Vergangenheit seien erhellt worden, betonte Reif, der vor allem für Sparsamkeit warb. Obwohl die Stadt für das laufende Jahr mit 15 Millionen Euro Einnahmen aus der Gewerbesteuer rechne, sei man gut damit beraten, „die Spendierhosen im Schrank zu lassen.“ Solche Einmaleffekte würden bestimmt nicht wiederkommen. 

Damit argumentierte der Christdemokrat auch gegen die Forderung der SPD, Grund- und Gewerbesteuer auf den Stand von 2018 zu senken. Das Grundsteuersteuergesetz werde in Hessen neu ausgelegt, mahnt Reif zur Geduld. Bei der Gewerbesteuer gelte es abzuwarten, wie sich die Pandemie auf die Geschäftswelt auswirkt.

Andere Einschätzung der Opposition

Als die SPD-Fraktionsvorsitzende Melanie Ernst ans Mikrofon trat, konnte man meinen, CDU und Sozialdemokraten hätten an unterschiedlichen Haushaltsberatungen teilgenommen. Sie habe lange überlegt, ob sie überhaupt eine Haushaltsrede schreibe, so die Genossin. „Wozu, wenn doch wie immer mit zweierlei Maß gemessen wird und alle unsere Anträge und Anregungen abgelehnt werden?“ 

Angesichts des hohen Überschusses aus diesem Jahr warf sie der Verwaltung vor, absichtlich ein Haushaltsdefizit auszuweisen, damit Haushaltsanträge abgelehnt werden können. Im Ausschuss seien nur die Anträge durchgekommen, die ohnehin schon im Haushalt standen. 

Abgelehnt wurde unter anderem ein gemeinsamer Antrag von SPD und FDP für zusätzliche Lüfter in Städtischen Kitas. Angesichts der Ablehnung von Steuersenkungen verwies Ernst auf die Überschüsse der vergangenen Jahre in Höhe von rund 12 Millionen Euro. Bürger und Gewerbe seien offensichtlich unnötig belastet worden. 

Mit Blick auf das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) bemängelte Melanie Ernst, dass kein Geld für Planungen im Haushalt vorgesehen sei. Deshalb stellte die SPD den Haushaltsantrag, 300 000 Euro für Planungen aus dem ISEK zu berücksichtigen. Dieser Vorstoß wurde bei Zustimmung der SPD und Enthaltung von FDP und zwei dfb-Vertretern mehrheitlich abgelehnt.

Der GALF-Fraktionsvorsitzende Frank Laurent bezeichnete es als großen Glücksfall, dass Schulden in Millionenhöhe als Sondertilgung im Entschuldungsprogramm des Landes zurückgezahlt werden konnten. Nun seien die guten Jahre aber erst einmal vorüber. 

Der Grüne rechnete vor, dass nicht alle SPD-Anträge abgelehnt wurden. Die Mehrheit habe fünf abgelehnt und einige die das Stadtentwicklungskonzept betrafen im Geschäftsgang gelassen. Drei Anträge seien zurückgezogen, zwei als erledigt betrachtet und einer angenommen worden. Die Idee, angesichts eines Defizits die Steuern zu senken, erschließe sich ihm nicht, so Laurent. 

Auch er bezeichnete die Beratungen als sehr kollegial und sachlich. Ein weiteres positives Urteil gab es von dfb-Fraktionschef Frank Herzog. Das Spagat zwischen verantwortungsvoller Haushaltsführung und Innovation sei gelungen.

„Die Stadt hisst die weiße Flagge“

Weitere Kritik kam von der FDP: Nach Ansicht des Fraktionsvorsitzenden Thorsten Press laufen die Kosten aus dem Ruder. Den neuen Posten einer Klimaschutzbeauftragten hätte sich die Stadt seiner Ansicht nach sparen können. Der Liberale bemängelte auch, dass Anträge von FDP und SPD zur Planung einer weiteren Kita abgelehnt wurden, weil die Verwaltung ausgelastet sei. Laut Press hisse man damit die weiße Flagge.

So waren sich die Stadtverordneten einig, dass sie sich uneinig sind. Ganz im Sinne von Stadtverordnetenvorsteher Michael Kröhle, der zu Beginn der letzten Sitzung 2021 auf die Debattenkultur blickte. „Wenn in der Sache hart gestritten wird, darf es auch mal knirschen“, so der CDU-Mann. Denn nur die Reibung erzeuge Wärme. sas

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 16. Dezember 2021