Debatte in der Flörsheimer Verkehrskommission
Die Diskussion über die vorübergehende Sperrung der Durchfahrt in der Jahnstraße geht weiter. Nachdem die vorerst testweise von März bis Ende Mai andauernde Sperrung auf Höhe des Fußgängerüberweges verlängert werden sollte (wir berichteten), war die Aktion bei der Sitzung der Verkehrskommission am vergangenen Montagabend erneut Thema.
Sascha Colak vom Ordnungsamt berichtete zuerst noch von überwiegend positiven Rückmeldungen, die tatsächliche Stimmung sei wohl weniger aufgeheizt, als es in den sozialen Medien scheine. Von lediglich zwölf Zuschriften zum Thema hätten sechs positiv zur Sperrung Stellung bezogen, vier negativ und zwei seien neutrale Sachfragen gewesen. Die Verteilung bei den telefonischen Rückmeldungen sei vergleichbar.
Anwohner Christian Sdralek sah die Lage allerdings anders. Wer in der Jahnstraße wohne, sei von der Sperrung gleich doppelt negativ betroffen. Erstens müsse er selbst nun auf dem Weg zur Arbeit einen Umweg fahren, der sich auf 600 Kilometer im Jahr belaufe. Nehme man an, dass etwa jeder zweite Haushalt in der Jahnstraße ähnlich betroffen sei, sorge die Sperrung für 12 000 zusätzlich gefahrene Kilometer im Jahr. „Vor Corona hatten wir noch eine CO2-Debatte“, meinte Sdralek. Dieses Problem bestehe doch noch immer.
Natürlich handle es sich bei seinen Zahlen nur um eine grobe Hochrechnung, er habe keine Umfrage bei den Anwohnern durchgeführt. Die Stadt ihrerseits habe aber vor der Sperrung ebenfalls nicht die Anwohner gefragt. Außerdem seien zwei Parkplätze im unmittelbaren Bereich der Sperrung weggefallen, um Wendemanöver zu erleichtern. Die Parkplatzsituation in der Jahnstraße sei aber für die Anwohner ohnehin schon anstrengend genug. Es gebe eine Menge Fahrzeuge der Caritas-Sozialstation und des Hostels Wanderlust, die mit den Anwohnern um Parkplätze konkurrierten.
Unterstützt wurde Sdralek vor allem von Werner Duchmann (FDP), der ebenfalls bemängelte, dass die Anwohner nicht befragt worden seien. Er stellte auch den Sinn der Testsperrung überhaupt in Frage, da er nicht erkenne, was mit diesem Test gezeigt werden sollte. Duchmann bekam in diesem Punkt Zuspruch von Sozialdemokrat Frank Pohlmann, der bemängelte, dass im Voraus keine Zahlen ermittelt worden seien. Niemand wisse, wie viele Fahrräder tatsächlich pro Tag durch die Jahnstraße fahren. „Jetzt wissen wir gar nichts“, so Pohlmann. Man könne eventuelle Zählungen, die im Nachhinein noch angestellt werden könnten, nicht mit der vorherigen Nutzung vergleichen.
Gegenwind gab es dabei von Markus Reif (CDU), der nicht nur die Rechnung von Sdralek anzweifelte, sondern auch betonte, dass die Straße Schulweg für zwei Schulen sei. Es erscheine sinnvoll, genau dort eine Verkehrsberuhigung zu erzielen. Zudem spiele es keine Rolle, wie viele Radfahrer genau die Straße nutzten, denn jeder von ihnen sei froh, wenn er sicher fahren könne.
Auch Frank Laurent sah die absoluten Zahlen nicht als ausschlaggebenden Punkt für die Sperrung. „Die Jahnstraße ist nicht gesperrt worden, weil da so viele Fahrräder fahren, sondern um Fahrradfahren attraktiver zu gestalten“, so das Galf-Mitglied. Alle Fraktionen seien sich eigentlich einig, dass der motorisierte Individualverkehr abgebaut werden müsse und die Erfahrung habe gezeigt, dass der Vorrang der Radfahrer in der Jahnstraße von Autofahrern oft nicht respektiert werde. Laurent verwies außerdem auf den Testcharakter der Sperrung: „Es ist ein Experiment, nicht mehr und nicht weniger.“ Bürgermeister Bernd Blisch (CDU) sagte, die Versuchsphase sei Ende September beendet. Dann gebe es hoffentlich Erkenntnisse über die normale Nutzung der Straße während des regulären Schulbetriebs.
Quelle: Main-Spitze vom 18. Juni 2020