Flörsheimer SPD kritisiert einen zu optimistischen Gewerbesteueransatz / FDP moniert Stillstand bei Rathausvilla

In einer stark verkürzten Stadtverordnetenversammlung hat die Dreierkoalition aus CDU, Galf und Freien Bürgern den Haushalt für das Jahr 2021 beschlossen. SPD und FDP stimmten gegen den Etat mit einem Gesamtvolumen von 49,2 Millionen Euro, in dem mit einem Überschuss von rund 100 000 Euro gerechnet wird. In der Sitzung einen Tag vor dem Lockdown wurden zahlreiche Tagesordnungspunkte auf das nächste Jahr verschoben, um die Sitzung so kurz wie möglich zu halten. Zu einer verringerten Zahl an Stadtverordneten, wie es etwa von der CDU vorgeschlagen worden war, kam es nicht. SPD und FDP bestanden darauf, mit allen Stadtverordneten zu tagen. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Melanie Ernst begründete das mit der Wichtigkeit des Themas. Bei der Abstimmung über den Haushalt wolle man allen Stadtverordneten die Möglichkeit geben, ihr Mandat wahrzunehmen. Auch FDP-Fraktionschef Thorsten Press betonte, dass alle liberalen Fraktionsmitglieder Wert auf die Teilnahme gelegt hätten. „Die volle Kapelle vor dem Lockdown – das ist ein sehr schlechtes Zeichen“, sagte dagegen CDU-Fraktionsvorsitzender Marcus Reif. Auch Stadtverordnetenvorsteher Michael Kröhle (CDU) zeigte sich enttäuscht. „Ich hätte es mir anders gewünscht.“ Ein sogenanntes „Pairing“, bei dem die Mehrheitsverhältnisse auch bei verminderter Anwesenheit erhalten geblieben wären, hätte der Stadtverordnetenversammlung in ihrer Vorbildfunktion gut zu Gesicht gestanden, so Kröhle. 

An dem erwartbaren Ausgang der Diskussion und der Abstimmung änderte das aber nichts: Regierungsmehrheit dafür, Opposition dagegen. Marcus Reif lobte nicht nur die rechtzeitige Vorlage des Haushaltes, in den vergangenen Jahren durchaus nicht üblich, sondern auch den Umstand, dass den Stadtverordneten ein ausgeglichener Haushalt präsentiert wurde, statt einem Defizit samt der Aufforderung, selbst für den Ausgleich zu sorgen. Problematisch sei allerdings der hohe Anteil an Restmitteln in Höhe von elf Millionen Euro. Ein „Schattenhaushalt“, „den wir selbst nicht verstehen“, so Reif. Offenbar wurden unter dem ehemaligen Kämmerer Sven Heß (Galf) und Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) Mittel für eine Reihe von Projekten eingestellt, die entweder in der Realisierung deutlich billiger ausfielen oder noch nicht umgesetzt wurden. Reif vermutete, damit sollten Verfügungsmittel geschaffen werden, die dann an der Kontrolle der Stadtverordneten vorbei anderweitig verwendet werden können. 

Für die SPD-Fraktionsvorsitzende Marion Eisenmann-Kohl bleibt der ausgeglichene Haushalt dagegen nur Wunschdenken, weil die Gewerbesteuereinnahmen mit 7,5 Millionen Euro angesichts der Corona-Krise viel zu hoch angesetzt seien. Dass überhaupt offenbar genügend Mittel zur Verfügung stünden, sei nur Folge einer unnötigen Steuererhöhung für das Haushaltsjahr 2019 und der Nichtrücknahme im aktuellen Jahr. Auch die Stellenausweitung, etwa für Klima- und Kompassbeauftragte, kritisierte Eisenmann-Kohl. Zudem sei jetzt schon absehbar, dass im kommenden Jahr Kita-Plätze fehlten, ohne dass entsprechende Vorsorge getroffen wäre. 

Die SPD kritisierte auch die deutliche Erhöhung des Ansatzes für Sach- und Dienstleistungen von 5,4 Millionen Euro (2018) auf 6,5 Millionen (2021). Ein Umstand, der vom Magistrat mit der Erhöhung der Ausgaben etwa für neue Kitas, begründet wurde. 

Der Schuldenstand macht der SPD ebenfalls Sorgen. Habe der 2019 noch bei 35,7 Millionen Euro gelegen, solle er bis 2024 auf mehr als 53 Millionen Euro steigen. Mehr Schulden, eine aufgeblähte Verwaltung und kein dringendes Problem angegangen, lautet das Fazit der SPD. 

FDP-Fraktionsvorsitzender Thorsten Press sieht in den offensichtlich zufriedenstellenden Einnahmen ebenfalls keine Leistung der Verwaltungsspitze, sondern nur die Folge der Steuererhöhungen 2019. Die Schaffung neuer Stellen stößt bei der FDP ebenfalls auf Kritik. „Der Pharao hat anstatt den Kornspeicher zu füllen, erst mal den Hofstaat bedient“, meinte er in Anspielung auf die Rede von Bürgermeister Bernd Blisch (CDU) bei der Haushaltseinbringung. Dass die Rathausvilla nach mehr als zwei Jahren noch immer leer stehe, zeigt für Press die Unfähigkeit der Verwaltung. Auch auf die Erweiterung der Weilbacher Schulkindbetreuung und der städtischen Kita warte die Bevölkerung bisher vergebens.

Quelle: Main-Spitze vom 19. Dezember 2020