Kinderbetreuung, Umgehungsstraße, Gewerbegebiet West V.2 und Stadtentwicklung – das sind derzeit die großen Themen der Kommunalpolitik. Jedes einzelne für sich taugt schon für veritable Grundsatzdiskussionen und dennoch wurden am Donnerstag alle vier Themen in eine einzige Bürgerversammlung gepackt.

Und siehe da: es funktionierte. Vor allem deshalb, weil sich die Politiker auf dem Podium der Stadthalle eiserne Disziplin auferlegt hatten. Der teils heftig ausgetragene Streit über zumindest drei Themen (die Umgehungsstraße ist Konsens), seit Monaten die Begleitmusik der politischen Diskussion, war in der Stadthalle kein Thema. Es war der Abend der Bürger und dementsprechend hielten sich die Vertreter der Fraktionen auffallend zurück. Es oblag vor allem den beiden Hauptamtlichen, Erstem Stadtrat Sven Heß (Galf) und Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD), die Sachlage darzustellen. Auf das größte Interesse der gut 200 Besucher stieß dabei der Sachstand zur Weilbacher Umgehungsstraße, dem ewigen Projekt der Kommunalpolitik.

Auf einen Baubeginn wollte sich Bürgermeister Antenbrink an dem Abend zwar nicht festlegen, sprach aber von einer „besonderen Phase“ in der sich das Projekt derzeit befinde. Mit der Ende 2016 erfolgten Aufnahme des zuvor von der Kommune selbst betriebenen Projektes in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans hätten sich zwar eine einige formale Schwierigkeiten, aber auch ein großer finanzieller Vorteil ergeben, so Antenbrink. Denn statt der Stadt zahlt nun der Bund die rund 18 Millionen Euro.

In der kommenden Woche schon soll der erste Entwurf einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Hessen Mobil, wo das Projekt für den Bund realisiert wird, und der Stadt vorliegen. Kernpunkt der Vereinbarung ist, dass die Stadt die Straße plant und für Baurecht sorgt und Hessen Mobil dann den Bau erledigt. Das Land erstattet der Kommune sämtliche Planungskosten, dafür trägt Flörsheim die Verwaltungskosten.

Die Tücke liegt allerdings im Detail. Wenn der Bund zahlt, muss die ursprünglich als Gemeindestraße angelegte Straße auch als Bundesstraße gebaut werden. Ansonsten stünde das Baurecht auf tönernen Füßen, so die Warnung von Hessen Mobil. Zu den Bedingungen für eine Bundesstraße gehört unter anderem der Anschluss ans Bundesfernstraßennetz, also die B 519, ansonsten könnte eine Finanzierungsverweigerung drohen, so Antenbrink. Eher akademisch, aber nicht minder problematisch mutet die Diskussion um die Planungsschritte an. Die Stadt wollte die Straße in zwei Abschnitten realisieren. Ein erster sollte von der Raunheimer Straße um das Haus des Dichters zum Germania-Sportplatz und dann auf die B 519 führen, ein zweiter Abschnitt von der Rüsselsheimer Straße zur Raunheimer Straße. Im Bundesverkehrswegeplan ist die Straße aber als eine Maßnahme aufgeführt. Dies könnte zur Folge haben, dass die Straße auch in Gänze und nicht in zwei Abschnitten zum Baurecht geführt werden müsse, sagte Antenbrink. Wichtig sei es deshalb, den zweiten Abschnitt so schnell wie möglich voranzutreiben. Allerdings wurde für den zweiten Abschnitt noch keinerlei Grundstückserwerb getätigt. Für Verzögerungen beim ersten Abschnitt könnten auch notwendige archäologische Explorationen sorgen, werden unter dem Straßenverlauf doch Reste römischer Siedlungen vermutet. Diese Untersuchungen seien aber möglicherweise auch im Rahmen der Bauarbeiten möglich, sagte Antenbrink.

Einfahrt nach Weilbach muss unattraktiv sein

Eine wesentliche Bedeutung kommt dem Anschluss der Umgehungsstraße an die Rüsselsheimer Straße zu, wo zwei Varianten zur Debatte stehen. Eine Kreisellösung scheidet dabei wohl aus, so Antenbrink. Wahrscheinlicher seien zwei Zufahrten von Flörsheim und Weilbach aus, die mit einer Ampel geregelt werden. Die Zufahrt nach Weilbach hinein werde dadurch schwieriger, aber das sei auch notwendig und gewollt, um die Autofahrer zur Nutzung der Umgehungsstraße zu motivieren.

Die Befürchtung von Werner Siebel, dass dem Bund angesichts vieler anderer Projekte im vordringlichen Bedarf das Geld ausgeht, bevor die Straße realisiert ist, versuchte Antenbrink, der mit einer Bauzeit von drei bis fünf Jahren rechnet, zu zerstreuen. „Ich bin ja noch ’ne Weile da, und das kriege ich schon hin“.

Quelle: Main-Spitze vom 26. August 2017