FLÖRSHEIM – Es war schon 23.20 Uhr, als die Flörsheimer Stadtverordneten den Haushalt für 2017 am Donnerstagabend verabschiedeten. Vorausgegangen war eine erbitterte Debatte, in der nicht mit gegenseitigen Anschuldigungen zwischen der SPD sowie dem Viererbündnis aus CDU, Galf, dfb und FDP gespart wurde. Die Wortbeiträge und das Abstimmungsverhalten – die Sozialdemokraten lehnten den Etat ab – zeigten, wie verfahren die politische Situation seit der Kommunalwahl vor einem Jahr ist. 



Von Luftbuchungen und Unvermögen

Dass der gesamte Etat für das laufende Jahr erst jetzt verabschiedet wurde und somit eine Haushaltsgenehmigung durch den Landrat erst im Sommer zu erwarten ist, lag daran, dass Kämmerer Sven Heß (Galf) zunächst einen Entwurf vorgelegt hatte, der ein Defizit von rund 2 Millionen Euro aufwies. Weil es vom Landrat jedoch die Vorgabe eines ausgeglichenen Haushalts gab, hatten alle Fraktionen es abgelehnt, über den Entwurf überhaupt abzustimmen. Es wurde schließlich nachgebessert. 

Der erste defizitäre Entwurf sowie eine doppelte Buchung von 1,2 Millionen Euro, die von der CDU entdeckt worden war, sorgten am Donnerstagabend dann auch für die größten Vorwürfe. Die SPD warf Heß vor, seiner Verantwortung nicht gerecht zu werden. Marion Eisenmann-Kohl bescheinigte ihm Unvermögen und Chaos. Die anderen Fraktionen wiederum sahen bei Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) die Schuld. Er habe absichtlich diese „Luftbuchung“ an Heß weitergegeben, um danach mit dem Finger auf ihn zu zeigen, dass sein Etatentwurf nicht in Ordnung sei, sagte Thomas Probst (dfb). Die Vorwürfe nötigten Heß, selbst das Wort zu ergreifen, der sich „entsetzt, traurig und wütend“ zeigte. Er betonte zum einen, dass man sich in einer Runde der Fraktionsvorsitzenden auf eine Vorgehensweise geeinigt habe, die SPD aber schon eine Woche später die Vereinbarung gebrochen habe, indem sie ihn und den Etat als nicht genehmigungsfähig kritisiert habe. Zum anderen habe er gemeinsam mit dem Bürgermeister das Zahlenwerk erarbeitet, Antenbrink habe vor Einbringung in den Magistrat zugestimmt. „Der Kämmerer ist allein für die handwerkliche Umsetzung verantwortlich“, entgegnete aufgebracht Bürgermeister Antenbrink und warf Heß „eklatante Versäumnisse“ vor. 

Die Fraktionen selbst gingen auch nicht zimperlich miteinander um, sodass Stadtverordnetenvorsteher Steffen Bonk (CDU) zwischendurch die Wortwahl anmahnte. Die SPD beschuldigte das Viererbündnis, lediglich daran interessiert zu sein, dem Bürgermeister das Leben schwer zu machen und nicht an einer vernünftigen Stadtpolitik. „Ziel ist nur, dass der Bürgermeister keine Erfolge verbuchen kann“, sagte Eisenmann-Kohl beispielsweise mit Blick darauf, dass die Mehrheit die von der SPD geforderte provisorische Erweiterung der Kita Pusteblume in Weilbach abgelehnt habe. „Verhindern, verzögern, spalten“, lautete dementsprechend der Vorwurf von Philipp Moritz (SPD). 

Flörsheim muss seinen Charakter bewahren

Michael Kröhle (CDU) dagegen warf Antenbrink vor, dass ihm nach wie vor „jede Empathie für unsere Stadt“ fehle, er zudem bei Entscheidungen Zeitdruck ausübe und eine Politik von oben ohne die Bürger verfolge. Es sei ein Zeichen, dass sich das Viererbündnis zusammengefunden habe, um einen Politikwechsel zu erreichen. Kröhle forderte ein Stadtentwicklungskonzept aus einem Guss. Auch Renate Mohr (Galf) wünschte eine „moderne, behutsame, realistische Weiterentwicklung unserer Stadt“. Dabei kritisierte sie die vermehrte Ansiedlung von Logistikunternehmen und die damit einhergehenden Belastungen durch Lkw-Verkehr. Auch Probst äußerte Kritik an diesen Entwicklungen. „Flörsheim verliert seinen Charakter, daran sind Sie maßgeblich beteiligt, Herr Antenbrink.“ Thorsten Press (FDP) sah dies ebenfalls so: „Flörsheim in seinem Charakter zu bewahren, dieses Ziel eint uns.“

Quelle: Main-Spitze vom 4. März 2017