Am kommenden Dienstag, 30. Oktober, wird Dr. Bernd Blisch (CDU) als neuer Bürgermeister in sein Amt eingeführt. Die Stadtverordnetenversammlung mit Verabschiedung seines Amtsvorgängers Michael Antenbrink (SPD) beginnt um 19 Uhr in der Stadthalle.
Herr Blisch, wie stark ist Ihr Respekt vor Ihrer künftigen Aufgabe in den vergangenen Monaten gewachsen?
Also, der Respekt vor dem Amt war von Anfang an da. Schließlich habe ich mein Lebtag im öffentlichen Dienst gearbeitet, da ist mir sehr wohl bewusst, welch eine große Menge an Arbeit dahintersteckt. Wer in der Zeitung über die anstehenden Projekte liest, weiß: Das wird von Beginn eine spannende Angelegenheit.
Haben Sie schon einmal daran gezweifelt, ob die Kandidatur die richtige Entscheidung war?
Nein, keinen Moment.
Wie haben Sie sich auf das neue Amt vorbereitet?
Weiterhin viel mit Leuten reden, Kontakte aufbauen, sich einlesen.
Wie viele „neue Freunde“ haben Sie seit ihrem Wahlsieg gewonnen?
Am 30. Mai habe ich gedacht, mich hätten offenbar 120 Prozent gewählt. Es hauten einem Leute die Schulter durch, da dachte ich, die kenne ich doch gar nicht. Gleichwohl haben sie es sicher ernst gemeint. Dann ist man aber von einigen Menschen auch enttäuscht, von denen ich wusste, dass sie mich nicht gewählt haben, die es aber nicht geschafft haben, trotz anderer Meinung zu gratulieren. Toll fand ich, dass Kinder und Jugendliche kamen und fragten: Bist du der neue Bürgermeister? Es haben sich auch schon einige Menschen gemeldet, die einfach mitarbeiten wollen, ohne dass dahinter ein Kalkül steckt.
Was werden Sie als erstes tun, wenn Sie am 1. November in ihr neues Bürgermeisterbüro gehen?
Das ist ja ein bisschen ein Treppenwitz der Geschichte. Das vorläufige Bürgermeisterbüro in der Eddersheimer Straße ist im selben Gebäude, wo ich vor 17 Jahren mein Büro als Kulturamtsleiter verlassen hatte. Damals war es im zweiten Stock, jetzt ist es im ersten. Es wird ein ganz bunter Tag werden, zum Beispiel ein Geburtstag, zu dem ich gehen will, am Nachmittag trifft sich eine ganz wichtige Runde vom Bauamt. Ansonsten werden viele übliche Dinge für einen ersten Tag anstehen, wie etwa die Einrichtung meines PCs. Eine Runde mit den Amtsleitern wird am ersten Tag allerdings noch nicht möglich sein.
Wie werden Sie die Dezernatsverteilung vornehmen? Welches Amt, außer dem für Kultur, beanspruchen Sie für sich?
Lassen Sie sich mal überraschen. Das machen wir, wenn ich mit allen Leuten gesprochen habe.
Wird es personelle Veränderungen innerhalb der Fachämter geben?
Ich könnte mir die eine oder andere Veränderung vorstellen. Ich gebe aber nichts darauf, was mir Dritte erzählen, wie jemand arbeitet. Da will ich zuerst mit den Leuten gesprochen haben.
Wie sieht ihr Programm für die ersten hundert Tage aus, was hat Priorität?
Priorität hat für mich, die Stimmung zwischen den Verwaltungsmitarbeitern, der ehrenamtlichen und der hauptamtlichen Politik zu verbessern. Und der Haushalt 2019 muss natürlich geplant werden. Dazu gibt es am zweiten Tag schon eine große Runde. Das muss in den ersten hundert Tagen erledigt sein. Das dritte große Thema ist Terra und Bauen. Da harrt einiges der Lösung.
Glauben Sie, dass es nach dem hart geführten Wahlkampf und dem deutlichen Ergebnis schwierig wird zwischen Ihnen und der SPD?
Da habe ich nicht so die Bedenken. Es gibt viele Signale aus den Reihen der SPD, dass Offenheit herrscht. Ich denke, mit dem 1. November ist der Wahlkampf endgültig vorbei.
Ihre Unterstützer haben nicht weniger als einen kompletten Politikwechsel versprochen? Woran wird das spürbar sein?
Wenn man sich den Wahlkampf anschaut, hat man gemerkt: Da wird plötzlich miteinander gesprochen. Meine Versuche, Menschen mit ins Boot zu nehmen, werden sich fortsetzen. Man wird auch schnell merken, daran darf mich auch die SPD messen, dass bei Gesprächen Teilnehmer von jeder Seite mit dabei sein werden.
Eine Ihrer Kernaussagen im Wahlkampf war „Gemeinsam“. Woran werden das die Bürger konkret merken.
Der Bürger wird das insofern merken, als dass das Rathaus und mein Büro Orte sind, an denen die Türen zuerst einmal offen stehen und wo man mit Ideen kommen kann. Sprechstunden wird es bei mir sicher in häufigerem Umfang als bei Herrn Antenbrink geben. Ich will auch Gesprächsrunden haben, etwa mit allen Partnerschaftsvereinen gemeinsam am Tisch. Auch das Gespräch der Vereine untereinander und mit der Stadt möchte ich fördern.
Woran wollen Sie am Ende ihrer Amtszeit gemessen werden?
Viele Sachen machen Bürger ja selbst und die Stadt ist nur Unterstützer. Wenn in sechs Jahren die Menschen sagen: Er hat immer erkannt, wo der Schuh drückt und mit uns zusammen überlegt, wie man das ändern kann, dann wäre mir das lieber, als würde man mich für Häuser oder andere Bauten loben. Es geht als Bürgermeister ja heute nicht mehr um Denkmäler, sondern darum, eine Stadtgesellschaft weiterzubringen.
Sehen Sie, was den Ersten Stadtrat angeht, genügend fähige Kandidaten im Kreis der Flörsheimer Kommunalpolitik oder müsste man auch darüber hinaus suchen?
Ich denke, dass es in der Stadt sicher gute Leute gibt, aber es gibt gute Leute von außen. Es ist aber nicht meine Aufgabe, über den Ersten Stadtrat zu entscheiden.
Am Ende Ihrer ersten Amtszeit werden sie 61 Jahre sein. Wovon machen Sie eine zweite Kandidatur abhängig oder steht sie bereits fest?
Nein, eine zweite Kandidatur steht nicht fest. Ich würde es davon abhängig machen, ob ich für mich selbst sagen kann, dass es funktioniert hat, die Stadtgesellschaft voranzubringen und Umsetzer und Unterstützer von Ideen gewesen zu sein.
Das Interview führte Jens Etzelsberger.
Quelle: Main-Spitze vom 27. Oktober 2018