Marienkrankenhaus Gesundheitscampus wird auf den Weg gebracht

Es kommt nicht oft vor, dass Bürgermeister Dr. Bernd Blisch (CDU) eine Diskussion in der Stadtverordnetenversammlung mit einer langen und kämpferischen Ansprache eröffnet. Dass er dies beim Thema Gesundheitscampus tat, belegte die Bedeutung des Projektes. Außerdem spiegelte es die kritischen Positionen wieder, die in den vergangenen Tagen von der Opposition vorgebracht wurden.

Kritik am Vorgänger

Blisch äußerte sich zum Vorwurf des Zeitdrucks, den SPD und FDP der Verwaltung gemacht hatten. Man solle lieber den Zeitdruck der Ärzte im Auge behalten sowie den Druck der Menschen, die sich nach medizinischer Versorgung sehnen, die einer Stadt mit 22 000 Einwohnern angemessen ist. Zum FDP-Vorschlag, ein Ärztezentrum nördlich der Bahn einzurichten, erklärte Blisch, dass die Ärzte bis dahin längst woanders angesiedelt wären. Blisch ging auch hart mit der Praxis seines Vorgängers ins Gericht. Wenn man der jetzigen Verwaltung vorwerfe, die Verhandlungen mit der Marienhaus GmbH zu nachlässig anzugehen, solle man sich anschauen, was zuvor geleistet wurde: „Null Ergebnisse und zugeschlagene Türen“, sagte der Flörsheimer Verwaltungschef zum Verhalten seines Vorgängers bei den Gesprächen mit den ehemaligen Krankenhaus-Betreibern.

SPD-Fraktionsvorsitzende Marion Eisenmann-Kohl meldete, wie vorher angekündigt, „Beratungsbedarf“ an. Die medizinische Versorgung sei der SPD absolut wichtig. Ihre Fraktion wolle aber einen vertraglichen Rahmen, der gewährleistet, dass diese Versorgung langfristig gesichert ist. Erst im vergangenen Jahr habe es in Flörsheim eine Steuererhöhung gegeben, mahnte Eisenmann-Kohl. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, die Finanzierung des Gesundheitscampus zu klären. Dass die Stadt auf das Rückfallrecht verzichtet, das ihr die Rückübertragung des Krankenhausgrundstücks zusichert, sei die schlechteste Lösung. Die SPD sprach sich für einen Erbbaupacht-Vertrag aus, bei der die Stadt Eigentümer des Grundstücks ist und die Marienhaus GmbH der Pächter. Außerdem störte sich die SPD daran, dass der Grundsatzbeschluss nicht genau festlege, wie die Gebäudefläche zu nutzen ist.

„Gutglaube und Glück“

FDP-Fraktionschef Thorsten Press zielte ebenfalls auf das Rückübertragungsrecht ab. Als die Marienhaus GmbH das Krankenhaus im Jahr 2017 schloss, habe sie damit „mehr oder weniger den Vertrag gekündigt“. Seither seien die Verhandlungen nicht so erfolgt, wie dies zu wünschen wäre. Um über den Verzicht auf die Rückübertragung zu entscheiden, müsse doch zuerst der Wert des Grundstücks bekannt sein, meinte Press. Den Vorschlag zum Gesundheitscampus finde seine Fraktion zwar gut. Der Grundsatzbeschluss sage aber nichts über dessen Umsetzung aus. Press kritisierte den Verweis auf eine „angemessene“ jährliche sogenannte Rentenzahlung durch die Marienhaus GmbH. Zur Planungssicherheit gehöre ein ausgehandelter Preis. FDP-Mann Werner Duchmann sprach von „Gutglaube und Glück“. Die Stadtverordneten müssten entscheiden, ob sie einen Wert von 2 Millionen Euro in den Wind schießen. 

Frank Laurent (Galf) erwiderte, dass der Grundsatzbeschluss nur den Rahmen vorgebe, innerhalb dessen verhandelt wird. Panik zu schüren sei völlig unangebracht. Laurent warf der SPD sowie der FDP „vorgeschobene Gründe“ vor. Den Verweis auf eine drohende Steuererhöhung wies der Galf-Mann mit dem Hinweis zurück, dass gerade die Rücknahme des Grundstücks durch die Stadt enorme Kosten verursache. Der Galf-Sprecher bezeichnete es als „großen Glücksfall“, einen Investor zu haben, der das Projekt von der Planung bis zur Fertigstellung begleitet. Die Stadt sei dabei absolut auf der sicheren Seite, weil der Grundsatzbeschluss den Rahmen vorgebe.

Konzept statt Erlös

Marcus Reif (CDU) warnte, dass die Debatte zu einem seltsamen Eindruck führen könne. Die Versammlung laufe Gefahr, Leute zu verprellen, die seit Jahren gute Arbeit leisten. „Das wäre eine schwere Hypothek für den Flörsheimer Haushalt.“ Der Christdemokrat verwies auf die detaillierte Präsentation zum Gesundheitscampus. Alle Hintergründe seien „ziemlich konkret für einen Grundsatzbeschluss“.

CDU-Fraktionschef Christopher Willmy, betonte, dass es nicht um einen gewöhnlichen Grundstückkaufvertrag gehe. Nicht der beste Erlös, sondern das beste Konzept für die medizinische Versorgung Flörsheims stehe im Mittelpunkt. In der Wirtschaft sei es durchaus üblich, Absichten in einem Grundsatzbeschluss festzulegen und anschließend den Vertrag auszuhandeln. 

CDU, Galf und Freie Bürger lehnten den Antrag der SPD zu eine weiteren Beratung in den städtischen Gremien ab. Anschließend brachte das Dreier-Bündnis von CDU, Galf und Freien Bürgern den Grundsatzbeschluss auf den Weg.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 14. September 2019


Dreierbündnis beschließt Marienhaus-Vertrag

SPD und FDP sehen zu viele Unklarheiten für eine Zustimmung / Details werden später geklärt

Mit den Stimmen von CDU, Galf und Freien Bürgern hat die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag den Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung mit der Marienhaus gGmbH zur Zukunft des ehemaligen Krankenhauses geschlossen. SPD und FDP stimmten dagegen. Der Abstimmung vorangegangen war eine lange und leidenschaftlich geführte Diskussion, die die aus den Ausschusssitzungen bekannten Positionen der Fraktionen nachzeichnete (wir berichteten), ohne neue Erkenntnisse zu liefern.

Grundsätzlich findet das angestrebte Ziel eines Gesundheitscampus aus Tagesklinik, Apotheke, Arztpraxen, betreutem Wohnen, Beatmungs-WG und Gastronomie die Zustimmung aller Fraktionen. Über die Frage, ob die Magistratsvorlage eine ausreichende Entscheidungsgrundlage ist, herrschte dagegen Uneinigkeit. CDU, Galf und Freie Bürger haben kein Problem damit, ohne konkrete Angaben zum Wert des städtischen Grundstücks, zur Höhe der jährlichen Pachtzahlungen der Marienhaus gGmbH an die Stadt und zur grundsätzlichen Verbindlichkeit des vorgeschlagenen Nutzungskonzepts in Vertragsverhandlungen zu gehen.

Bürgermeister verspricht weitere Beschlüsse

Für SPD und FDP müssen aber genau diese Fragen geklärt sein, bevor sie Verhandlungen zustimmen können. Die Mehrheitsfraktionen setzen dabei auf Vertrauen in die Beteiligten, speziell in die Marienhaus gGmbH und ihren Geschäftsführer Michael Osypka, während die Opposition solche Vertrauensseligkeit als fahrlässig empfindet.

Bürgermeister Bernd Blisch (CDU) versprach, dass eine Reihe weiterer Beschlüsse zu dem Thema folgen würden, die alle in der Öffentlichkeit und nicht in Hinterzimmern gefasst werden würden. FDP-Fraktionsvorsitzender Thorsten Press hielt dieser Ankündigung von Transparenz entgegen, dass die öffentliche Diskussion der kommenden Verträge in der Stadtverordnetenversammlung erst erstritten werden musste.

Dreierbündnis lehnt Beratungsbedarf ab

Erneut wurde von SPD und FDP kritisiert, dass die Stadt auf ihr Recht verzichtet, das Grundstück zu übernehmen und es stattdessen gegen auf 20 Jahre gestreckte Zahlungen in noch unbekannter Höhe der Marienhaus gGmbH überlässt. Viel vorteilhafter wäre eine Erbpachtlösung gewesen, bei der die Einflussmöglichkeiten der Stadt auf die Nutzung größer und das Grundstück nicht verloren wäre, so SPD-Fraktionsvorsitzende Marion Eisenmann-Kohl.

Den von SPD und FDP geforderten weiteren Beratungsbedarf zur Klärung der offenen Fragen lehnte das Dreierbündnis mit Hinweis auf die Dringlichkeit ab, der Ärzteschaft endlich das erwartete Signal zur Zukunft des ehemaligen Krankenhauses zu senden. Allzu viele Gedanken sollte man sich offenbar sowieso nicht machen, findet Peter Kluin (Galf), der mit seiner Sentenz „Sieger zweifeln nie, Zweifler siegen nie“ die Haltung des Dreierbündnisses zu dem Thema in einer markigen Parole zusammenfasste.

Quelle: Main-Spitze vom 14. September 2019