Nachdem der Ausbau der städtischen Kindertagesstätte (Kita) Pusteblume in Weilbach vom Tisch ist, soll eine Kita mit drei Gruppen für insgesamt 50 Kinder am Faulbrunnenweg entstehen. Anwohner protestierten gegen das Projekt auf der jüngsten Ortsbeiratssitzung.

Kinder in Weilbach

Protest gegen Spielplatz-Aus – Standort für neue Kita umstritten

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Foto: Federico Gambarini (dpa)

Weilbach. Eigentlich hätte der Beschluss zum Bebauungsplan für die Kita am Faulbrunnenweg/Berliner Straße dem Viererbündnis keine Probleme bereiten dürfen: Die Vertreter von CDU, Galf, dfb und FDP hatten den ursprünglich angedachten Ausbau der Kita Pusteblume in der Stadtverordnetenversammlung abgelehnt und den Neubau als Alternative favorisiert. Nun stand die Aufstellung des notwendigen Bebauungsplans auf der Tagesordnung des Ortsbeirats, wo das Bündnis ebenfalls die Mehrheit hat. Angesichts reger Bürgerbeteiligung wurde aus der Mehrheit jedoch schnell eine Minderheit. Rund 60 Weilbacher – fast alle Anwohner des betroffenen Wohngebietes – kritisierten die Kita-Planung. Ein Anwohner warf den politisch Aktiven „parteipolitisches Ränkespiel“ vor.

Kommt ein Bürgerentscheid?

Die Gegner des Kita-Projektes wollen sich nicht auf den Protest im Ortsbeirat beschränken. Anwohner Michael Eyben berichtet, er sei gemeinsam mit seinem Nachbarn Jens Romeiser dabei, eine Initiative gegen die Bebauung des Spielplatzes zu gründen. Die beiden Männer hatten Flugblättern verteilt, auf denen zur Teilnahme am Ortsbeirat aufgerufen wurde. „Wir werden das auch weiter forcieren“, so Eyben. Der Weilbacher, der vor sechs Jahren mit seiner Frau in den Stadtteil zog, hat einen zweijährigen Sohn. Er betont, dass er und seine Mitstreiter nicht grundsätzlich gegen eine Kita seien. Nur an der Ecke Berliner Straße/Faulbrunnenweg wolle man den Bau verhindern. Aus seiner Sicht werde dort ein dauerhafter Missstand geschaffen, nur um kurzfristig ein Problem bei der Kindesbetreuung zu lösen.

„Wir hoffen, dass nach der Ortsbeiratssitzung alle zur Vernunft kommen und eine tragbare Lösung finden“, so Michael Eyben. Ansonsten wolle er alle rechtlichen Mittel ausschöpfen und wenn nötig sogar einen Bürgerentscheid anstreben.

Michael Eyben aus der Wingertstraße bezeichnet den Spielplatz als ungeeignetes Baugrundstück. „Wo sollen unsere Kinder spielen?“, fragte der Anwohner, der einen zweijährigen Sohn hat. Außerdem wies er darauf hin, dass es große Parkplatzprobleme in dem Wohngebiet gebe und sagte ein Verkehrschaos voraus. „Mir fehlen die Worte, wie man auf die Idee kommen kann, an dieser Stelle so eine Einrichtung zu planen“, erläuterte Eyben. Den Einwand von Peter Kluin (Galf), dass die Eltern ihre Kinder zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur neuen Kita bringen könnten, bezeichnete eine Zwischenrufer als „Witz des Jahrhunderts“. Ein weiterer Anwohner äußerte sich erschrocken darüber, was für eine „Fantasielosigkeit“ in der Kommunalpolitik herrsche. Es sei „skurril“ einen Spielplatz in einem Wohngebiet zu bebauen, in dem es nur Doppelhaushälften mit kleinen Gärten gebe. Dies sei eine „Bankrotterklärung“ der Politik.

Der SPD, die seit Jahren den Ausbau der städtischen Kita Pusteblume vorantrieb, kam der Protest gelegen. SPD-Frau Martina Pokowietz erklärte, sie könne nicht verstehen, warum das „Kleinod“ des Spielplatzes genutzt werden soll, obwohl fertige Pläne für die Pusteblume vorlägen, die einen Baubeginn noch in diesem Jahr erlauben würden. „Ich lehne jede Verantwortung für diese Geschichte ab“, so die Sozialdemokratin. „Der Faulbrunnenweg ist sicher keine gute Lösung – aber wir brauchen einen schnelle Lösung“, meinte Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD). Er müsse dem Auftrag der Stadtverordneten Folge leisten. Antenbrink schätzt, dass das Planungsverfahren für den Neubau auf dem Spielplatz mindestens drei Jahre brauche.

Es sei nie die Absicht gewesen, eine dauerhafte Einrichtung im Faulbrunnenweg zu errichten, berichtete Thomas Probst von den Freien Bürgern (dfb). Dies sei erst durch die Nutzung von Fördermitteln notwendig geworden. Seine Fraktion wolle sich die Option offen halten, die Kita zurückzubauen und den Standort später für betreutes Wohnen zu nutzen. Als Widerstand aus den Zuhörerreihen ertönte, vergaloppierte sich der dfb-Mann: Mit Blick auf das betreute Wohnen erklärte er einer älteren Dame, die sich kritisch über seinen Redebeitrag geäußert hatte, sie komme (altersmäßig) „ja sicherlich auch bald zu dieser Gelegenheit“. Dies löste Empörung im Publikum aus.

Dorothea Thimm (CDU) und Thorsten Press (FDP) erklärten, dass aus ihrer Sicht ein Standort hinter der Weilbachhalle an der Schulstraße die einzige dauerhafte Lösung sein könne. Press erläuterte, dass der Spielplatz nun als Alternative herhalten müsse, weil der Bedarf an Betreuungsplätzen schnelles Handeln erfordere. Als Ausgleich können man eventuell die Sitzgruppe auf dem Hügel an der A 3 zu einem Spielplatz aufwerten. Dies fand ein Anwohner paradox: „Wenn man den Spielplatz woanders ersetzen kann, kann man doch auch direkt dort eine Kita bauen.“ Werner Duchmann (FDP) warf der SPD vor, dass der Bürgermeister nur die Variante Pusteblume geplant habe, ohne Alternativen zu prüfen.

Eine Mutter, deren Kind die Pusteblume besucht, meldete sich ebenfalls zu Wort. Sie sei erschüttert, dass der Ausbau der Kita nun vom Tisch sei. Seit Jahren habe die Stadt die Eltern vertröstet, dass der Außenbereich bald aufgewertet werde. Als Gerlinde Goldbach-Thimm (CDU) erklärte, die Entscheidung gegen die Pusteblume habe nichts mit Parteipolitik zu tun, erntete sie Gelächter aus den Zuhörerreihen.

Schließlich meldete die CDU Beratungsbedarf an. Ortsvorsteher Thomas Schmidt (CDU) schlug vor, die Entscheidung an den Bau -, Umwelt- und Verkehrsausschuss zu verweisen. Bürgermeister Michael Antenbrink hätte die Abstimmung im Ortsbeirat hingegen gerne gesehen: „Sich vor der Verantwortung zu drücken, finde ich unredlich“, so Antenbrink, der ansonsten gerne darauf hinweist, dass die Ortsbeiratsbeschlüsse nur empfehlenden Charakter haben. Für einen Verweis in den Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss stimmte eine Mehrheit aus CDU und einem Galf-Vertreter. Die SPD war dagegen, die restlichen Ortsbeiratsmitglieder enthielten sich.

Am Donnerstag, 19. Januar, wird also im Ausschuss weiter diskutiert. Werner Siebel hatte im Verlauf der Sitzung die ehemalige Lehmkaut am Ortsrand als alternativen Bauplatz ins Spiel gebracht. FDP-Mann Thorsten Press bat die Verwaltung darum, dies zu prüfen.

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 11. Januar 2017