Das Flörsheimer Vierer-Bündnis präsentiert den Historiker Bernd Blisch als gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten.
lat. FLÖRSHEIM. Der 54 Jahre alte Historiker Bernd Blisch (CDU) soll nach den Vorstellungen des Flörsheimer Vierer-Bündnisses aus CDU, Grüne Alternative Liste Flörsheim (Galf), Freien Bürgern und FDP zur Bürgermeisterwahl antreten. Der gemeinsame Kandidat, der derzeit als kommissarischer Leiter das Wiesbadener Stadtmuseum führt, wird bei der Direktwahl im Mai 2018 Michael Antenbrink (SPD) herausfordern. Er sehe sich als Gegenpol zum Amtsinhaber, verstehe seine Aufgabe als Moderator von Ideen und setze sich für eine starke Beteiligung der Bürger bei der Zukunftsentwicklung der Stadt ein, hob Blisch hervor.
Auf die ungewöhnliche Konstellation der Unterstützer Blischs, die 70 Prozent der im Parlament vertretenen Fraktionen entspreche, verwies die Galf-Fraktionsvorsitzende Renate Mohr: Noch vor der Kommunalwahl 2016 habe sie sich einen solchen Schritt niemals vorstellen können. Doch in die Stadt müsse Ruhe einkehren, und Blisch stehe für Ruhe und Gelassenheit. Er stehe ebenso für das gemeinsame Ansinnen, die Entwicklung Flörsheims zu entschleunigen, so dass die Stadt auch in 20 bis 30 Jahren noch wiederzuerkennen sei, sagte Mohr. Es sei für die Galf deshalb nicht schwer gewesen, sich ganz hinter Blisch zu stellen. Er sei immer einer jener gewesen, der mit seinen guten Wahlergebnissen positiv aufgefallen sei. Deshalb stehe Blisch eigentlich seit Anfang des Jahres innerhalb des Bündnisses als Kandidat fest.
Seine Wählervereinigung habe vor fünf Jahren noch Amtsinhaber Antenbrink unterstützt, machte Thomas Probst (Freie Bürger) deutlich. Doch nach dessen Wiederwahl sei es „mit der Freundschaft schnell zu Ende gewesen“. Der Charakter Flörsheims, der vom Vereinsleben geprägt sei, gehe verloren. Blisch sei ein Mann, der als gebürtiger Flörsheimer und Vorsitzender des Heimatvereins alle Gepflogenheiten der Stadt kenne und wertschätze. Als einen Mann, der verschiedene Interessen zusammenführen könne und moderierend zu Ergebnissen komme, beschrieb der FDP-Fraktionsvorsitzende Thorsten Press den Kandidaten. Blisch sei einer, mit dem sich die Bürger identifizieren könnten. Dass der Kandidat trotz CDU-Parteibuch ein Kandidat aller sei, hob der CDU-Parteivorsitzende Markus Töpfer hervor. „Gemeinsam – die Stadt sind wir alle“, laute deshalb der Slogan, ergänzte der CDU-Fraktionsvorsitzende Marcus Reif.
Blisch beschrieb sich als Vereinsmenschen. Er traue sich zu, auch heterogene Strömungen zu verbinden. Zu seinen wichtigsten Zielen zähle eine Stadtentwicklung, die gemeinsam mit den Bürgern gestaltet werde und im Einklang mit der Umwelt stehe. Die Flörsheimer Politik müsse sich künftig wieder auf Augenhöhe mit den großen Kommunen begeben. Als Beispiel für Flörsheimer Nachhall in der Region nannte Blisch den Regionalpark, der an der Mainschiene seinen Anfang genommen habe. Oben auf seiner Agenda stehe ebenso ein ausgeglichener Haushalt, wie es ihn noch zu Zeiten der CDU-Bürgermeister gegeben habe. Verzicht auf teure Projekte wie das Rathaus und effizientes Sparen kündigte der Bewerber an. Im Falle seiner Wahl stehe er für einen transparenten Führungsstil und ein hohes Maß an Bürgerbeteilung. Er biete sich für diesen Prozess als Moderator an, so Blisch. Er sei ein Mann „ohne Haken und Ösen“, hob er hervor. Statt auf den Tisch zu hauen, ziehe er eine sachliche Beratung von Themen vor. Mit ihm werde es im Wahlkampf keinen Schlagabtausch unter der Gürtellinie geben, versprach Blisch. Den Fraktionsvorsitzenden Reif habe er gebeten, sich im Ton gegenüber dem Bürgermeister zu mäßigen. Die Flörsheimer Stadtverordnetenversammlung, die zuletzt durch einen ruppigen Umgang der Akteure aufgefallen war, soll nach den Wünschen des Kandidaten wieder zu einem Ort echter Streitkultur werden.
Ein Friedensstifter als Gegenpol
Von Heike Lattka
Vier Parteien stehen zusammen gegen den Bürgermeister. Aber was will ihr Kandidat?
Die Botschaft, die das Viererbündnis aus CDU, Grüner Alternativer Liste Flörsheim, Freien Bürgern und FDP gestern mit der Nominierung des einheimischen Bürgermeisterkandidaten Bernd Blisch (CDU) an die Bevölkerung sandte, war deutlich: Es soll Schluss sein mit den Querelen zwischen Bürgermeister und der großen Mehrheit der Flörsheimer Stadtverordneten. Statt des eigenwilligen Modernisierers Michael Antenbrink (SPD) wünscht sich das Bündnis einen Friedensstifter und Ersten unter Gleichen im Magistrat mit ausgleichendem, vermittelndem Naturell.
Blisch, gebürtig aus der früheren Schifferstadt, erfüllt als Mann der Vereine, ehemaliger Kulturamtsleiter Flörsheims und als Kommunalpolitiker, der lieber mit der feinen Klinge ficht als mit dem Säbel, diese Anforderungen nahezu perfekt. Dass es für den Vierundfünfzigjährigen mit der Bewerbung als Direktor des Wiesbadener Stadtmuseums nicht klappte, mag für den Historiker ein zusätzlicher Ansporn gewesen sein, sich einer neuen Herausforderung zu stellen.
Für Flörsheim ist die Einigung so unterschiedlicher politischer Kräfte auf einen Kandidaten ein geradezu historischer Schritt, der noch vor wenigen Jahren in der Mainstadt ganz und gar undenkbar gewesen wäre. Der Leidensdruck der Bündnispartner unter dem von ihnen so ungeliebten Bürgermeister Antenbrink muss so groß geworden sein, dass sogar die Grüne Alternative Liste über ihren Schatten springt und zum Steigbügelhalter für einen Wiederaufstieg der Christlichen Demokraten in der traditionell konservativen Stadt wird. Alle vier eint letztlich vor allem ein Wunsch: Antenbrink muss weg.
Noch nie stand die CDU tatsächlich so nah davor, im dritten Anlauf Flörsheim wieder zurückgewinnen zu können. Denn Antenbrinks Projekte – vom Schützenhof bis zur Ansiedelung von Unternehmen – stießen zuletzt in der Stadt auf wenig Beifall. Und der Bürgermeister setzt gerne einfach Vorhaben um, ohne sich groß zu erklären, was zwei Drittel des Parlaments mit großer Regelmäßigkeit verprellt.
Tatsächlich bietet Blisch zum Einzelgänger und Macher Antenbrink einen moderierenden Gegenentwurf. Welchen klaren Weg er allerdings im Fall seiner Wahl einschlagen will, um den politischen Frieden in Flörsheim wiederherzustellen, muss der gekürte Kandidat seinen Wählern noch deutlich machen. Weiße Tauben aufsteigen zu lassen wird für einen Wahlsieg bei all seiner Beliebtheit im Städtchen sicherlich nicht reichen.
Quelle: Rhein-Main-Zeitung der F.A.Z. vom 25. Oktober 2017