„Es geht nicht darum, dass uns die Aussicht verbaut wird“, stellt Evelyn Schmidt klar. Die Wickererin hatte für Samstag Vertreter des Stadtparlaments sowie Anwohner zu einer Ortsbegehung am Ortsausgang Richtung Massenheim eingeladen. Anlass des Treffens war das Vorhaben des Bauunternehmens Noll, das 26 000 Quadrameter Ackerland aufkaufen möchte, um einen kleinflächigen Lebensmittelmarkt, Wohnhäuser und eine Kindertagesstätte zu errichten (wir haben berichtet).
„Wir haben als Bürger das Gefühl, dass hier die Demokratie ausgehebelt wird“, sagte Schmidt. Sie erwarte von den gewählten Vertretern der Flörsheimer und Wickerer Transparenz in der Stadtentwicklung, habe aber das Gefühl, dass eine kleine Gruppe über die Köpfe der Wähler hinweg entscheide. Die Hotelbetreiberin, die direkt am Rand des Gebiets wohnt, zeigte sich verärgert über ein aus ihrer Sicht fehlendes Stadtentwicklungskonzept. Die Stadt arbeite nicht nachhaltig und verlasse sich dabei auf unsichere Mittel wie die Gewerbesteuer.
Galf will sich über Standort unterhalten
Es gehe durchaus auch um die Lebensqualität der Anwohner, ergänzte Schmidt, es gebe dort beispielsweise Pferdezüchter und Hundebesitzer, die für ihre Tiere den Auslauf dort erhalten wollen. Entscheidend sei aber, dass ein Konzept gemeinsam mit den Bürgern entwickelt werden müsse. „Ich möchte da mitreden“, fasste Schmidt zusammen.
Dem schloss sich Renate Mohr, Fraktionsvorsitzende der Galf, an. Mohr betonte, dass es weder ihrer Partei noch dem Rest des Viererbündnisses darum ginge, die Nahversorgung in Wicker zu blockieren. Vielmehr treibe es sie um, dass bei dem Vorgang sowohl Bürger, als auch die Vertreter des Stadtparlaments übergangen worden seien. Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) habe lediglich einmal gegenüber den anderen Parteien erwähnt, dass die Firma Noll Interesse an dem Areal habe, um einen Lebensmittelladen „in der Größe des Netto“ zu errichten. Das hätten sie zur Kenntnis genommen, aber weder habe es weitere Absprachen gegeben, noch seien jemals eine Kita oder Wohnhäuser zur Sprache gekommen. „Nahversorgung in Wicker unbedingt und ja, aber über den Standort müssen wir uns gut unterhalten“, fasste Mohr die Position ihrer Partei zusammen, „Wir müssen diese Stadt behutsam entwickeln.“
Thomas Probst von den Freien Bürgern bestätigte die Darstellung Mohrs, dass im Parlament niemals die Rede von mehr als dem Interesse an der Errichtung eines kleinen Lebensmittelmarkts gewesen sei. Probst schloss sich der Forderung von Schmidt und Mohr nach einer entschleunigten Stadtentwicklung an. „Eine behutsame Entwicklung über Jahre hinweg ist überhaupt kein Thema“, so Probst. Darüber hinaus stellte er die Frage in den Raum, warum ein Investor überhaupt auf die Idee kommt, Ackerland zu kaufen, um darauf zu bauen, ohne die Gewissheit zu haben, dass aus dem Land Baugrund werde.
Zweifel an ausreichender Größe des Grundstücks
Anwohnerin Elke Träger ist entschieden gegen die Bebauung. Sie glaubt auch nicht, dass das angesprochene Gebiet für einen Lebensmittelmarkt, Parkplätze sowie die anderen Projekte ausreiche. Zudem werde „komplett vorbei am hessischen Landesentwicklungsgesetz“ geplant. Für Flörsheim sei bis 2030 nur eine Bebauung von 24 Hektar mit Wohnungsbau vorgesehen.
Landwirt Norbert Staab, ebenfalls Anwohner, forderte die anwesenden Politiker, darunter auch Ortsvorsteher Christopher Willmy (CDU) und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Claudia Schütz, auf, gemeinsam an einer Alternative zu dem Vorschlag der Firma Noll zu arbeiten. Er stellte aber auch die Sinnhaftigkeit der Nahversorgung in Wicker überhaupt infrage. Die Vertreter von dfb, FDP, CDU und GALF stimmten zu, dass ein Gegenentwurf nur über Parteigrenzen hinweg und unter Einbezug der Bürger zu machen sei. Ein Vertreter der SPD war nicht vor Ort.