Bei 3000 zusätzlichen Einwohnern ist Schluss

Mit dem Beschluss des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) hat sich Flörsheim eine Richtung für die nächsten zehn Jahre vorgegeben. Den Kommunalpolitikern ist diese 177 Seiten starke Ausarbeitung aber noch nicht genug. Der Rahmen für künftige Entscheidungen sollte genauer gefasst werden. Deshalb hat der Stadtverordnetenvorstand ein Leitbild festgelegt. Es gilt als Vorbedingung für alle weiteren Beschlüsse zur Stadtentwicklung. Das Leitbild wurden mit den Stimmen der CDU-GALF-Koalition sowie von den Freien Bürgern angenommen. SPD und FDP enthielten sich. Ihre Ergänzungs- und Änderungsvorschläge fanden in den meisten Fällen keine Mehrheit.

Die erste Zielvorgabe der ISEK-Arbeitsgruppe legt fest, dass Flörsheim durch neue Baugebiete maximal auf 25 000 Einwohner bis zum Jahr 2050 wachsen darf. Dies entspricht einem Zuwachs um rund 3000 Einwohner. Die FDP wünschte sich den Hinweis, dass sich diese Einwohner prozentual gleichmäßig auf die Ortsteile verteilen. Marcus Reif (CDU) wollte lieber keine Zahl festschreiben. Die Verteilung sei ganz natürlich vorgegeben, weil es in den kommenden zehn Jahren nur das Weilbacher Baugebiet „In der Krimling“ und das „Prälat-Müller-Quartier“ rund um die Wickerer Goldbornhalle gebe. Beide Projekte sind im Leitbild festgeschrieben. Trotzdem wurde der FDP-Vorschlag versehentlich beschlossen. Die Kommunalpolitiker waren nämlich unsicher, ob sie für den ursprünglichen Satz oder für die Ergänzung die Hand heben. 

Laut Leitbild sollen alle fünf Jahre rund 150 neue Wohneneinheiten durch Baugebiete entstehen. Die SPD setzte sich dafür ein, dass zusätzlich 200 bezahlbare und altersgerechte Wohnungen in den nächsten zehn Jahren dazu kommen. Dies lehnten alle anderen Vertreter im Arbeitskreis ab. Die Koalition wolle kein explosionsartiges Wachstum, erklärte Frank Laurent (GALF). CDU-Mann Reif wies darauf hin, dass geförderter Wohnraum bereits über die Vorgabe eines Bebauungs-Mix geregelt sei. Dazu fordert das Leitbild zehn Prozent Einfamilienhäuser, 40 bis 50 Prozent Doppel- und Reihenhäuser sowie 40 bis 50 Prozent Mehrfamilienhäuser. Bei letzteren sollen Ausnahmen für geförderten Wohnraum möglich sein. Der Anteil des öffentlich geförderten Wohnraums soll bei 15 bis 20 Prozent liegen, sozialer Wohnungsbau bei 10 bis 15 Prozent. Der Wunsch der FDP, keinen Bebauungs-Mix vorzugeben, wurde abgelehnt. Gegen verdichtetes Bauen richtet sich die Vorgabe, dass Neubaugebiete den Schnitt von 50 Wohneinheiten pro Hektar nicht überschreiten sollen. Die FDP wollte sogar noch weiter gehen und die Bebauung bei maximal 40 Wohneinheiten pro Hektar belassen. FDP-Fraktionschef Thorsten Press forderte „Luft zum Atmen“ sowie Grün zwischen den Gebäuden. GALF-Mann Frank Laurent erwiderte, dass man die Preisschraube für Wohnraum anheben müsse, wenn man die Zahl der Wohneinheiten weiter senke. Alle, außer der FDP, lehnten den Zusatz ab. Zustimmung fand aber die Ergänzung der Liberalen, dass die Infrastruktur für Baugebiete möglichst vorausschauend entwickelt werden solle. Die Zielvorgabe für Flörsheims Entwicklung im folgenden Jahrzehnt beinhaltet zudem die Maßgabe, dass kein Gebäude höher werden darf als der Turm der Gallus-Kirche. Außerdem soll kein Gebäude mehr als acht Wohneinheiten umfassen. Die FDP wollte dies noch konkreter festlegen: In Flörsheim sollten nicht mehr als vier Vollgeschosse erlaubt sein. Für die Stadtteile Wicker und Weilbach sahen die Liberalen die Obergrenze bei drei Vollgeschossen. Die übrigen Mitglieder des Stadtverordnetenvorstands ließen eine gewisse Sympathie durchblicken, lehnten die erweitere Festlegung schließlich jedoch ab. Marcus Reif sprach sich dagegen aus, die Stadtteile unterschiedlich zu behandeln. Aus Sicht von Frank Laurent wird die Größe von Neubauten durch die Begrenzung des Wohnungszahl schon ausreichend beschränkt. SPD-Fraktionchefin Melanie Ernst befürchtete, dass sich die Stadt mit der Vorgabe eher Steine in den Weg legt. Bürgermeister Bernd Blisch (CDU) warnte davor, die Bebauung bis auf den Zentimeter zu regeln. Bei dem Spruch, dass keine Gebäude größer als der Kirchturm sein solle, gehe es schließlich eher um die Vorstellung, dass Sankt Gallus das bestimmende Gebäude im Stadtbild sein solle.

Das Leitbild zur Stadtentwicklung enthält außerdem den Hinweis, dass neue Baugebiete an den öffentlichen Personennahverkehr und das Fuß- und Radwegenetz angebunden werden sollen. Auf Wunsch der FDP wurde die Ergänzung aufgenommen, Flörsheimer bei der Vermarktung von Wohnflächen durch ein Einheimischen-Modell zu bevorzugen. Schließlich wollten die Liberalen noch die „sofortige Realisierung“ der Weilbacher Umgehung in die Leitlinie schreiben. Die Arbeitsgruppe einigte sich darauf, den Punkt ins Protokoll aufzunehmen und sofort durch „schnellstmöglich“ zu ersetzen. Es gebe keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Verwaltung bei der Umgehung nicht ihre Arbeit macht, so Frank Laurent (GALF). sas

Quelle: Höchster Kreisblatt vom 01.04.2022