Fraktionsvorsitzender Marcus Reif über den Koalitionspartner Galf, anstehende Wahlen und Kampfsport
FLÖRSHEIM. Die Bürgermeisterwahl ist geschafft, die nächste Kommunalwahl kommt 2026. Wie blicken die Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung zurück und nach vorn? Diesmal: Marcus Reif, CDU.
Herr Reif, was hat die CDU im zu Ende gegangenen Jahr für die Bürger getan?
Die CDU hat gerade im vergangenen Jahr viel dafür getan, dass die Finanzen der Stadt beisammen gehalten wurden. Mit der Bürgermeisterwahl gab es eine Direktwahl für die Bürger. Wir sind dankbar, dass Dr. Bernd Blisch hier durch seine gute Arbeit wiedergewählt wurde. Das kommunalpolitische Leben in der Polykrise trifft die Verwaltung ein Stück mehr als die Gremien. Dennoch konnten wichtige Projekte ein Stück weit vorangebracht werden. Immer in Gemeinsamkeit mit Bürgermeister, Erster Stadträtin und unserem Koalitionspartner. Dies wären etwa die Konkretisierung des Baugebiets Krimling in Weilbach, das Feuerwehrhaus Wicker, die Sicherstellung der Schulsozialarbeit in Flörsheim, aber auch die Ehrenordnung oder die Auflösung und Integration des Eigenbetriebs Stadthallen in die Verwaltung. Bei der Umgehungsstraße kaufen wir kontinuierlich Grundstücke auf und die Planungen gehen voran. Die kommunale Wärmeplanung ist ebenfalls auf den Weg gebracht, wie der Kauf des Flachbaus am Herrnberg und der dazu gehörende Bebauungsplan Herrnberg. Wir sind in vielen Gremien und mit vielen Ansprechpartnern in Gesprächen wegen Rhein-Main-Link. Es gilt dabei, weitere Belastungen von Flörsheim fernzuhalten.
Was hat sich die CDU für 2025 vorgenommen?
Das Jahr 2025 wird vermutlich ähnlich unplanbar, wie die letzten Jahre. Das Bedürfnis, mal zur Ruhe zu kommen, um entspannt die wichtigen Themen zu beleuchten, ist vermutlich eine Obsession. Wir wünschen uns schnelle Fortschritte bei der Umgehung, bei den beiden Baugebieten, bei der Feuerwehr in Wicker, bei dem Lebensmittelversorger in Wicker, bei Investitionen in die Sicherheit und den Dingen, die wir in Flörsheim alle lieb gewonnen haben.
Die Galf scheint ein äußerst pflegeleichter Koalitionspartner zu sein. Wie glücklich sind Sie über diesen Umstand?
Die Galf ist ein vertrauensvoller Partner in der Koalition mit einem gewissen Bedürfnis an Austausch und auch Zeit für Brainstorming und Abstimmungen. Das fordert uns. Was aber wichtiger ist, es fördert die Qualität der Themen für Flörsheim. Darüber sind wir sehr glücklich. Ich glaube auch nicht, dass die CDU die Galf und die Galf andersrum die CDU als pflegeleicht beschreiben würden. Wir sind vertrauens- und respektvoll miteinander.
Wird es vor der nächsten Kommunalwahl eine Koalitionsaussage zugunsten der Galf geben? Oder zugunsten einer anderen Partei?
Wir möchten als CDU bei der Kommunalwahl 2026 so stark wie möglich werden. Gleichzeitig wünschen wir uns, dass wir mit der Galf weiter in einer Koalition so erfolgreich für Flörsheim weiterarbeiten können. Und wie in einer Demokratie üblich, werden nach der Kommunalwahl alle Fraktionen miteinander sprechen. Wir gehen mit einer Offenheit auf die anderen Fraktionen zu. Wenn zwei Meinungen am Tisch sind, könnte ja auch der andere Recht haben.
Wo lagen 2024 die größten Unterschiede zwischen der CDU und der Galf?
Was die politischen Schwerpunkte angeht, haben wir große Schnittmengen und eine große Einigkeit. In den weiteren Themen sind wir als CDU mehr bei den langen Linien, die Galf erinnert uns oft an die Notwendigkeit, auch die ökologischen Themen anzugehen und manchmal auch mehr aufs Detail der kleineren Themen zu schauen.
Die Amtszeit der Ersten Stadträtin Renate Mohr (Galf) endet 2025. Wird die CDU erneut einen Kandidaten oder eine Kandidatin der Galf unterstützen?
Wir würden es begrüßen, wenn Renate Mohr in eine weitere Amtszeit gehen würde.
Oder plädieren Sie dafür, das Amt bis nach der nächsten Kommunalwahl im Frühjahr 2026 vakant zu lassen, um mögliche neue Mehrheiten auch bei den Hauptamtlichen abbilden zu können?
Das kann aus meiner Sicht nur eine Option sein für den Fall, dass die Amtsinhaberin verzichtet.
Weder Galf noch CDU haben Anträge zum Haushalt 2025 gestellt. Steckt in dieser Koalition noch Esprit oder wird eher verwaltet statt gestaltet?
Der Haushalt trägt die Handschrift der Koalition. Wir sind mit unseren Zielen mehrheitsfähig gewesen, in Zeiten knapper werdender Finanzen sorgsam mit den Steuergeldern umzugehen. Die Unplanbarkeit der Finanzen mit den Stichworten Volatilität der Gewerbesteuer, Polykrise, Neuausrichtung des kommunalen Finanzausgleichs, Erhöhung der Umlagen an den Kreis sowie steigende Kosten für kommunale Verpflichtungen zwingt uns, die nötigen Projekte zu sichern, die wünschenswerten zu einem späteren Zeitpunkt näher zu beleuchten. Das Setzen der richtigen Prioritäten ist die Koalitionshandschrift.
Bürgermeister Bernd Blisch holt gegen drei Mitbewerber im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit. Warum gelingt ihm, was der CDU seit Jahrzehnten nicht mehr gelingt?
Eine Direktwahl als Personenwahl ist doch was völlig anderes als eine Kommunalwahl mit Listen sowie Kumulieren und Panaschieren. Wir freuen uns, dass wir von 2016 auf 2021 an Stimmen zulegen konnten. Das ist auch unser Ziel für die Kommunalwahl 2026, noch mal zuzulegen. Dafür arbeiten wir jede Woche intensiv. Wir wollen die Themen verstehen, wollen Mehrheiten dafür gewinnen und werben um Unterstützung – auch über die Koalition hinaus. Das Vertrauen der Bürger möchten wir in jeder Sitzung überprüfbar rechtfertigen.
Die CDU ist mit der Verwaltung angeblich rundum zufrieden, während andere Fraktionen sich schlecht informiert und mangelhaft eingebunden fühlen. Erfahren Sie eine Sonderbehandlung oder sind Sie so anspruchslos?
Jeder kritisiert aus seiner Perspektive. Wir kritisierten den ehemaligen Bürgermeister auch für seine Informationspolitik. Das gehört wahrscheinlich zur kommunalpolitischen Folklore dazu. Wenn mir Informationen fehlen, frage ich nach und bekomme sie immer zeitnah. Ich habe Bernd Blisch und Renate Mohr immer so erlebt, dass sie sich für alle Fragen, egal von welcher Fraktion, genügend Zeit genommen haben, um diese umfassend zu beantworten. Das zeichnet beide aus. Ich habe keinen geringeren Anspruch an die beiden Hauptamtlichen, als ich dies zu ihren Vorgängern hatte.
Sie fallen in den Gremien seit einiger Zeit durch persönliche Angriffe, Ruppigkeit und Herabwürdigungen des politischen Gegners auf. Seit wann begreifen Sie Kommunalpolitik als Kampfsport?
Ich habe zwar 20 Jahre erfolgreich Kampfsport praktiziert. Das hat aber nichts damit zu tun, dass ich weder mich noch die politischen Mitstreiter rhetorisch schone. Missstände müssen angesprochen werden und um politische Überzeugungen muss gerungen werden. Ich trete bestimmt ab und an jemandem auf den Schlips, aber das nicht vorsätzlich. Ich bin engagiert bei der Politik dabei und versuche, das Beste für Flörsheim zu erreichen. Das mache ich 100 Prozent ehrenamtlich und 100 Prozent leidenschaftlich.
Wie lange wollen Sie noch kommunalpolitisch tätig sein und wo ist der fähige Parteinachwuchs?
Ich habe viel Spaß an der Kommunalpolitik. Unsere Fraktion hat viele sehr unterschiedliche und sehr fähige Mitstreiter, die Verantwortung übernehmen und regelmäßig zu Themen sprechen. Unsere Fraktion ist die jüngste seit jeher und wir starteten in die Wahlperiode mit einem Frauenanteil von fast 50 Prozent. Die Politik bei der CDU-Fraktion ist nicht zentriert auf eine Person. Wir agieren als Team und wachsen aneinander. Ein Enddatum für mein Ehrenamt habe ich mir nicht gesetzt.
Das Interview führte Jens Etzelsberger. Quelle: Main-Spitze von Donnerstag, 2. Januar 2025.