„Vertreter*innen“, „Einwohner*innen“, bei der Galf wird mittlerweile gegendert. Als erste der Fraktionen im Stadtparlament schmückt die Grün-alternative Liste ihre Pressemitteilungen mittlerweile mit dem sogenannten Gendersternchen. Mit der typografischen Besonderheit soll geschlechtergerechte Sprache dokumentiert werden. Unter der Formulierung mit dem Sternchen sind nämlich nicht mehr nur Männer und Frauen vereint, sondern auch sämtliche Geschlechtsidentitäten aus dem Transgenderspektrum.
Das ist nichts gänzlich Neues. „Die Grünen machen das schon länger“, sagt Frank Laurent, Fraktionsvorsitzender der Galf, aber auch Kreisvorstandsmitglied der Kreisgrünen. Mittlerweile verwende er die Formulierung auch bei manchen Galf-Pressemitteilungen, manchmal vergesse er es aber auch, so Laurent im Gespräch mit dieser Zeitung. Für ihn ist das Gendersternchen eine in Typografie gegossenes politisches Bekenntnis für mehr Geschlechtergerechtigkeit. „Früher hat man Bürgerinnen und Bürger geschrieben, das verändert sich jetzt auch“, sagt Laurent.
Einen Trend in der Kommunalpolitik wird die Galf damit aber wohl nicht lostreten. Die Bereitschaft der anderen Fraktionen, sich das Gendersternchen zu eigen zu machen, ist gering. „Man muss differenzieren, was Gleichberechtigung und was Sprachempfinden angeht“, sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Marcus Reif. Das Gendersternchen findet er für das Leseverständnis äußerst abträglich. „Damit lässt sich kein Text mehr anständig lesen“, sagt Reif und betont, seine Fraktion werde das Sternchen keinesfalls einführen. Für ihn ist das ohnehin überkommene Symbolik. „Die Debatte ist doch schon längst überholt. Jeder hat in seinem Umfeld Menschen, die andere Identitäten und Neigungen haben“, sagt Reif. Er vergleicht es mit dem früher üblichen Ortsteilproporz beim Aufstellen der Kandidatenlisten. Mittlerweile gehe es einzig darum, dass es Menschen sind, die etwas für die Stadt erreichen wollten.
Für die FDP derzeit kein Thema
In dem Gendersternchen sieht Reif kaum einen Beitrag für den Fairnessgedanken. Viel eher zählten Taten, wie etwa die Aufstellung eines bekennend homosexuellen Bürgermeisterkandidaten.
Thorsten Press, Fraktionsvorsitzender der FDP, hat eine klare Haltung. „Wenn ich Bürger sage, meine ich alle. Bei mir sind alle eingeschlossen, auch wenn ich das nicht mit Sternchen markiere.“ Das Gendersternchen ist für die schriftlichen Verlautbarungen der FDP derzeit kein Thema. „Wir versuchen ja, Inhalte zu transportieren“, sagt Press.
Marion Eisenmann-Kohl, Fraktionsvorsitzende der SPD, ist zwiegespalten. Ab der Landesebene werde in der Partei schon darauf geachtet, in der schriftlichen Kommunikation das Sternchen nicht zu vergessen. Im Alltag sei das aber unheimlich schwierig. Viel wichtiger als das Sternchen im geschriebenen Wort sind der Juristin die im Gleichstellungsgesetz festgeschriebene Chancengleichheit oder das Eintreten für eine Frauenquote. Schwierigkeiten sieht Eisenmann-Kohl auch in Sachen Barrierefreiheit. „Das macht die Sprache unheimlich schwer lesbar.“
„Das war nie ein Thema bei uns. Wir haben das nie bewusst unterdrückt, aber auch nie gefördert“, sagt Thomas Probst, Fraktionschef der Freien Bürger, der das Gendersternchen eher als grünes und linkes Thema sieht. „Wir haben bisher immer alle Menschen erreicht“, sagt Probst.
Quelle: MainSpitze vom 7. Mai 2020