FDP-Antrag zur juristischen Überprüfung von Verwaltungshandeln findet weitgehend Unterstützung. Warum die CDU die Initiative skeptisch sieht.
Flörsheim. Es ist eine Frage von grundsätzlicher kommunalpolitischer Bedeutung, die die Liberalen jüngst aufgeworfen haben. Verwehrt die Verwaltung den gewählten Abgeordneten bei wichtigen Projekten wesentliche Beteiligungsrechte? Die FDP hat ein ungutes Gefühl, wenn wichtige und vor allem enorm finanzwirksame Entscheidungen von der Verwaltung getroffen und dann gegenüber den Mandatsträgern nur noch verkündet werden.
Gemeindebund soll juristisch prüfen
Deshalb soll nun juristisch überprüft werden, ob eine bloße Kenntnisnahme von geplanten Investitionen, Vorhaben und Plänen ausreichend ist, oder ob über diese Pläne eine Abstimmung in einer öffentlichen Sitzung im Vorfeld erfolgen muss. Über einen entsprechenden Antrag wurde in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung aus Gründen der Sitzungsökonomie zwar nicht abgestimmt, sondern der Tagesordnungspunkt einstimmig in die nächste Sitzungsrunde verschoben. Bis dahin soll eine juristische Einschätzung des Hessischen Städte- und Gemeindebundes als Diskussionsgrundlage vorliegen.
SPD unterstützt den Antrag der FDP
Doch wie sehen die anderen Fraktionen den Antrag der Liberalen? Teilen sie das ungute Gefühl, dass in der Stadt möglicherweise etwas nicht so läuft, wie es laufen sollte? „Wir unterstützen den Antrag auf jeden Fall“, sagt die SPD-Fraktionsvorsitzende Melanie Ernst. Sie kann das liberale Unbehagen nachvollziehen. „Vieles wird nur zum Abnicken vorgelegt“, sagt sie. Zu wesentlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Mainufers habe es etwa keine Beschlüsse der Gremien gegeben. Von dem Antrag der Liberalen erhoffft sich Ernst nun einen „Weckruf“ für Bürgermeister und Erste Stadträtin, was den Umgang mit den Mandatsträgern angehe.
Die Vergangenheit habe gezeigt, dass sowohl Bernd Blisch (CDU) wie auch Renate Mohr (Galf) ohne Unterstützung der Verwaltung in den Gremiensitzungen oft nicht sprachfähig seien. „Die Verwaltung hat einen starken Part übernommen“, so Ernst. Auch die Information der Mandatsträger aus dem Magistrat hält die SPD-Fraktionsvorsitzende für verbesserungswürdig.
Galf-Fraktionsvorsitzender begrüßt juristische Überprüfung
Frank Laurent, Fraktionsvorsitzender der Galf, teilt die Bedenken der FDP nicht. „Ich kann aber nachvollziehen, woher es kommt“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Er begrüßt, dass eine juristische Prüfung für Klarheit sorgen soll. „Zweifel sind legitim, und jetzt klären wir das.“ Allerdings erwartet er nicht, dass dabei Fehler offenbar werden. „Ich gehe davon aus, dass es in der Stadt richtig läuft“, sagt Laurent. Dennoch wäre es für ihn undenkbar, den Antrag der Liberalen abzulehnen oder zu blockieren. „Niemand soll benachteiligt werden. Eine andere Haltung ist für uns nicht denkbar.“ Dabei spiele es auch keine Rolle, dass die Erste Stadträtin aus den eigenen Reihen stamme. „Wer heute Regierung ist, ist morgen Opposition“, so Laurent.
Alois Mhlanga, Fraktionsvorsitzender der Freien Bürger, teilt dagegen das Gefühl, das die Liberalen in dieser Frage umtreibt. „Der Antrag ist legitim und wir befürworten die grundsätzliche Klärung“, betont Mhlanga. Auch seine Fraktion hätte sich in Einzelfällen mehr Beteiligung gewünscht. Ein Beispiel sei etwa die kommunale Wärmeplanung, für die die Freien Bürger die Einrichtung einer Arbeitsgruppe gefordert hatten. Eine solche Gruppe hätte vor der Beauftragung der Planung tätig werden sollen.
CDU-Fraktionsvorsitzender sieht „infame Unterstellung“
Eine gänzlich andere Position vertritt dagegen Marcus Reif. Der CDU-Fraktionsvorsitzende entdeckt in dem Antrag der Liberalen „einen Vorwurf, der mir Sorgen macht“. Reif sieht darin eine „infame Unterstellung“, die insinuiere, dass Beteiligungsrechte der Stadtverordneten beschnitten worden seien. In den vergangenen Jahrzehnten sei es Usus gewesen, dass in der Kommunalpolitik hart gestritten wurde, Mehrheiten aber auch akzeptiert wurden. Das jetzt von den Liberalen gesäte Misstrauen sei „ein starker und harter Vorwurf“. Dennoch habe man sich dem Begehr nicht entgegengestellt. „Wir haben nichts zu verbergen“, so Reif. Für die Bewertung habe es allerdings keiner juristischen Expertise bedurft. Eine Betrachtung der Hessischen Gemeindeordnung und der Hauptsatzung der Stadt seien ausreichend, um die Sachlage einzuschätzen”, so Reif. Es stelle sich auch die Frage, weshalb die FDP keinen Widerspruch gegen die kritisierten Mehrkosten bei der Mainufergestaltung eingelegt habe. „Die FDP ist im laufenden Geschäft nicht satisfaktionsfähig“, lautet der Befund des CDU-Fraktionsvorsitzenden.
Quelle: Main-Spitze vom Mittwoch, dem 6. November 2024